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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsgebiete:

– Steuerrecht
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– Erbrecht

Vorsteuerabzug bei Umsatzsteuerkarussell

Es besteht kein Gutglaubensschutz des Rechnungsempfängers bezüglich der Unternehmereigenschaft der im Umsatzsteuerkarussell als Scheinfirma eingeschaltenen Rechnungsausstellers, so dass ein Vorsteuerabzug regelmäßig ausscheidet.

FG Nürnberg: Urteil vom 10.11.2009 – II 18/2006

UStG 1999 §§ 2, 6a, 15; AO § 34; BGB §§ 31, 166

In dem Klageverfahren ist zunächst streitig, ob die Klägerin zurecht abziehbare Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der Firma A, B , C (D ), Deutschland, in dem Zeitraum von Oktober 2000 bis April 2001 in Höhe von insgesamt 20.420.144 DM geltend machen kann.

Weiter ist die Anerkennung von Warenverkäufen der Klägerin an die Firma E in F /Niederlande als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen streitig.

Die Klägerin wurde als Aktiengesellschaft mit notarieller Urkunde vom 10.03.2000 gegründet und am 19.05.2000 ins Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen. Mit Beschluss des Amtsgericht X vom 10.10.2002 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels Masse abgewiesen. Am 23.12.2002 wurde die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Laut Satzung war Gegenstand des Unternehmens der Handel mit Bauteilen für Computer, insbesondere mit Halbleitern (Computer-Chips). Das Grundkapital der Gesellschaft betrug 50.000 EUR. Vom Grundkapital übernahmen jeweils zu gleichen Anteilen 12.500 Aktien im Nennbetrag zu je 1 EUR H , I , J und K . Zu Mitgliedern des Aufsichtsrats wurden bestellt: K , J , L . Als einzelvertretungsberechtigte Vorstände waren zunächst im Handelsregister eingetragen: H und I , ab 21.06.2000 auch M . Laut Eintragung vom 28.02.2001 war H seither nicht mehr Vorstandsmitglied. Am 16.09.2004 wurde das Ausscheiden von M als Vorstand und Liquidator im Handelsregister eingetragen. Als Liquidator verblieb I .

Die Klägerin kaufte und verkaufte im streitbefangenen Zeitraum in erheblichem Umfang Computerbauteile (sog. CPU). Für diesen Geschäftsbereich war in der Firma der Klägerin in erster Linie M zuständig.

Das Steuerbüro der Klägerin reichte für die Voranmeldungszeiträume Oktober 2000 bis April 2001 Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt ein, in denen sie folgende Besteuerungsgrundlagen erklärte:

Voranmeldungszeitraum      Erklärung vom              Umsätze zu 16 %         Vorsteuern      USt-Erstattung

Oktober 2000 22.12.2000        8.512.417 DM 1.883.119,61 DM           544.284,10 DM

November 2000            05.01.2001        9.191.801 DM 2.073.398,86 DM           602.710,60 DM

Dezember 2000            02.02.2001        5.356.680 DM 1.182.098,58 DM           326.029,80 DM

Januar 2001     07.03.2001        17.172.400 DM              3.970.546,33 DM           1.222.962,41 DM

Februar 2001  28.03.2001        17.633.264 DM              3.008.013,78 DM           186.691,64 DM

März 2001        01.08.2001        46.719.718 DM              8.613.933,15 DM           1.147.488,33 DM

April 2001        01.08.2001        2.418.935 DM 383.222,68 DM              Zahllast

3.806,85 DM

Den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen lagen im Wesentlichen Rechnungen der Firma A , C , zugrunde.

Die Firma A war als Genossenschaft nach niederländischem Recht unter Ausschluss der Haftung mit Sitz in N , Niederlande, mit notariellem Vertrag vom 28.04.1999 gegründet und ins niederländische Handelsregister unter der Nummer ZZZ eingetragen worden. Gesellschafter und leitende Personen waren ab 27.07.2000 der niederländische Staatsangehörige O und der belgische Staatsangehörige P . P hatte mit Vertrag vom 02.08.2000 für die Firma A eine Bürofläche von ca. 32 qm im Gewerbepark D in C ab 01.08.2000 angemietet. Am 03.08.2000 meldete die Firma A bei der Stadt C eine „Zweigniederlassung wegen Neuerrichtung des Betriebs“ ab 01.08.2000 an; als Zweck der Gesellschaft wurden Gesamtaktivitäten auf dem Gebiet des Internets, der Websites und dem Zubehör und der Organisation von Veranstaltungen und Training angegeben; es sollte voraussichtlich ein Arbeitnehmer beschäftigt werden. Als gesetzliche Vertreter waren O und P benannt.

Die von der Firma A beauftragte Steuerberaterin Q in C meldete die Firma ab August 2000 beim Finanzamt D steuerlich an; in der Folgezeit wurden Steueranmeldungen oder Steuererklärungen jedoch nicht eingereicht, Steuern wurden nicht abgeführt.

Das Finanzamt D bestätigte im November 2000, dass die A steuerlich geführt werde und keine Steuerrückstände bestünden. Der Firma A wurde die deutsche Umsatzsteueridentifikationsnummer YYY erteilt. Die Anmeldung einer Zweigniederlassung bei einem deutschen Handelsregistergericht erfolgte nicht, auch nicht in der Stadt C , in der sich kein Amtsgericht befindet.

Mit Schreiben vom 22.03.2001 teilte die Firma A dem Finanzamt D mit, dass sie das Büro in C zum 30.03.2001 schließen werde und jede Handelsaktivität beendet würde. O und P würden aus ihren Posten entlassen und seien nicht länger haftbar. Schriftwechsel sei an eine Adresse in den Niederlanden zu senden. Gezeichnet wurde dieses Schreiben von R , dort benannt als Direktor.

Die Klägerin machte Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der Firma A geltend, erstmals aus einer Rechnung vom 06.10.2000, die als „PRO FORMA INVOICE“ gekennzeichnet ist. In der Rechnung ist der Gegenstand der Lieferung handelsüblich bezeichnet und das Entgelt in DM ausgewiesen. Der Mehrwertsteuerbetrag ist ebenfalls in DM gesondert ausgewiesen und wird mit VAT 16 % gekennzeichnet. Als leistendes Unternehmen ist die „A “ benannt, eine verantwortliche geschäftsführende natürliche Person ist jedoch nicht angegeben. In der Fußzeile der Rechnung befindet sich die Anschrift B , D C , daneben Amtsgericht C 187.2000, darunter VAT: DE-YYY , daneben Bankverbindung S D , darunter die Kontonummer VVV und die Bankleitzahl UUU .

Insgesamt weisen die Rechnungen für die Zeit vom 06.10.2000 bis 02.04.2001 einen Warenwert von netto 127.625.904 DM und eine Umsatzsteuer i.H.v. 20.420.144 DM aus.

In der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2000, die die Klägerin am 05.04.2001 einreichte und die von I und von M unterschrieben war, erklärte sie insgesamt steuerfreie Umsätze von 16.607.757 DM, davon an die Firma E 10.372.160 DM, und Vorsteuerbeträge von 6.951.392 DM.

Sie errechnete einen Erstattungsbetrag von 2.301.164,70 DM.

In den Voranmeldungen erklärte sie

für Jan. 01 stfr. Umsätze insg. von 8.369.370 DM, davon E : 6.288.999 DM,

für Feb. 01 stfr. Umsätze insg. von 1.746.069 DM, davon E 0 DM,

für März 01 stfr. Umsätze insg. von 11.885.905 DM, davon E 3.033.246 DM,

für Apr. 01 stfr. Umsätze insg. von 6.538 DM, davon E 0 DM.

Seit Juni 2000 unterhielt die Klägerin Geschäftsbeziehungen zu T , 1 in 2 , der unter dem Namen „E aaa “ an die Klägerin Computerbauteile verkaufte. In seinen Rechnungen wies er Umsatzsteuer gesondert aus.

Daneben erfolgten Lieferungen an die Klägerin von der Firma „E bbb , 3 , F /Niederlande“, für die ebenfalls T unter seiner Telefon- und Fax-Nummer in Deutschland als „German Office“ auftrat. In diesen Rechnungen war keine Umsatzsteuer ausgewiesen.

Schließlich liegen Eingangsrechnungen einer Firma „E ccc , 4 , 5 “ vor.

Seit Juli 2000 verkaufte die Klägerin auch Computerbauteile an T , wobei die Rechnungen zunächst an die Adresse in 2 gerichtet waren, ab September aber ganz überwiegend als Rechnungsadresse „E bbb , 3 , F /Niederlande“ ausgewiesen war.

Die Warentransporte erfolgten fast ausschließlich von dem Fahrer der Klägerin 6 , der die Computerbauteile allerdings stets in 2 bei T ab- bzw. anlieferte, weil dies der kürzeste Transportweg war.

Ab 03.04.2001 führte die Steuerfahndung Ermittlungen bei der Klägerin wegen des Verdachts der Beteiligung an Betrugsgeschäften durch Umsatzsteuer-Karusselle. Es ergaben sich daraus folgende Feststellungen:

Die Geschäftsbeziehung der Klägerin zu der Firma A seien von ihrem Vorstand, M , geknüpft worden. Er habe seine Erfahrung und seine Kontakte mit dem Handel von Computerbauteilen, insb. sog. CPU, aus seiner früheren Firma 7 in die Firma der Klägerin eingebracht. Hierzu habe auch die Geschäftsbeziehung zu 8 und dessen Firma 8 GmbH gehört. Die Firma 7 habe in großem Umfang CPU über die Firma 8 GmbH erworben und die Ware vorfinanziert. Nachdem ein Vorlieferant der Firma 8 GmbH in Lieferschwierigkeiten gekommen sei, sei eine Vorfinanzierung im Wert von 1.090.000 DM brutto Not leidend geworden. Der Rückzahlungsanspruch sei in ein Darlehen umgewandelt und von der 9 finanziert worden, der späteren Hausbank der Klägerin. Aufgrund dieser Kenntnis sei die 9 mit einer Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der Firma 8 GmbH bzw. mit 8 nicht einverstanden gewesen. M habe daraufhin mit 8 vereinbart, dass der Einkauf der CPU künftig durch Vermittlung von 8 über die Firma A in C erfolgen solle. Dieser Absprache habe eine schriftliche Vereinbarung vom 28.09.2000, unterzeichnet von 8 und M , zugrunde gelegen, die vor allem der Rückzahlung der offenen Forderung der Firma 7 dienen sollte.

Die Verkäufe der Firma A an die Klägerin seien laut Aussage des M regelmäßig in der Weise vereinbart worden, dass 8 telefonisch Ware zu einem bestimmten Preis angeboten habe. Sobald die Klägerin einen eigenen Abnehmer der Ware gefunden habe, habe sie wiederum telefonisch bei 8 die Ware bestellt. Nachdem der Zahlungseingang auf dem Konto der Firma A (S D ) durch 8 oder P bestätigt worden sei, sei die Ware freigegeben worden.

Die Warenlieferungen seien bis Januar 2001 überwiegend seitens der ausländischen Firmen 0001 , 0002 oder 0003 mit Kurierdienst oder Flugzeug nach 10 zu der Spedition 11 mit Sitz in 12 bei 10 (Flughafen) erfolgt. Von dort seien die Waren von 11 an die Kunden der Antragstellerin transportiert worden. Verantwortlicher Geschäftsführer für die Spedition 11 sei 13 gewesen. Die Firma A sei an diesem Ablauf nicht beteiligt gewesen. Das Risiko des Untergangs der Ware sei über Versicherungen der Firmen 0001 , 0002 , 0003 , 11 und die Klägerin abgedeckt gewesen. Teilweise seien die Transporte auch durch den Fahrer der Klägerin 6 durchgeführt worden.

Ab Januar/Februar 2001 seien die Transporte nur durch 6 erfolgt. In einigen Fällen sei die Ware in C vor dem Gebäude in der B von Fahrern der Firmen 0001 oder 0002 an den von der Klägerin beauftragten Fahrer 6 übergeben worden, zumeist dann, wenn die Wegstrecke zu Kunden der Klägerin dadurch verkürzt worden sei.

In der Zeit von Oktober 2000 bis März 2001 habe die Klägerin CPU an die Firma E in 2 in Deutschland geliefert, die gelieferte Ware aber der Firma E in F /Niederlande in Rechnung gestellt und die Verkäufe in ihrer Buchführung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen erfasst. Die Waren seien jedoch in allen Fällen an den Geschäftsführer der E , T , in 2 verbracht worden. Aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung 14 und der FIOD Niederlande habe sich ergeben, dass die E in F nur als Briefkastenfirma existiert habe. Die Klägerin habe auch die Nachweise für die Steuerbefreiung der Lieferungen nicht erbracht.

Wegen der Feststellungen im Einzelnen wird auf den Fahndungsbericht vom 10.10.2002 (AB-Nr. A 55/01 G), auf den strafrechtlichen Ermittlungsbericht vom 01.04.2003 bzgl. M , die Anklageschrift vom 16.10.2003 gegen M und I und auf das Urteil des LG X vom 08.11.2007 (Az. 00000 ) verwiesen.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Steuerfahndung und setzte in dem Bescheid vom 21.11.2002 die Umsatzsteuer für 2000 in Höhe von 1.919.390,23 EUR (3.754.001 DM) fest.

Die Vorauszahlungen setzte es wie folgt fest:

VZ für  VZ-Bescheid vom        DM       Euro

Januar 2001     15.11.2002        3.545.334,00    1.812.700,49

Februar 2001  05.09.2001        2.766.348,00    1.414.411,27

März 2001        15.11.2002        7.844.606,00    4.010.883,36

April 2001        15.11.2002        371.822,00        190.109,57

Die Einsprüche wies das Finanzamt in der Entscheidung vom 13.12.2005 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den USt-Bescheid 2000 vom 21.11.2002 und die Bescheide über die Festsetzungen der Vorauszahlungen für Januar 2001 vom 15.11.2002, für Februar 2001 vom 05.09.2001, für März 2001 und April 2001 jeweils vom 15.11.2002, diese in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2005 aufzuheben und die Umsatzsteuer jeweils wie erklärt festzusetzen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Zu Unrecht werde ihr der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A versagt. Diese sei eine nach niederländischem Recht wirksam gegründete Genossenschaft mit beschränkter Haftung und als solche im niederländischen Handelsregister eingetragen gewesen. Damit habe eine unternehmerische Selbständigkeit kraft Rechtsform bestanden. Die A habe in C tatsächlich Büroräume angemietet und diese auch für ihr Unternehmen genutzt. Von dort habe die A Zahlungen abgewickelt und Behördenkontakte wahrgenommen. Auch wenn es nicht zur Anmeldung einer Zweigniederlassung gekommen sei, so habe es sich jedenfalls um eine Betriebsstätte in C gehandelt. Damit sei die Unternehmereigenschaft der A anzuerkennen. Sie habe tatsächlich Warenhandel von C aus betrieben, denn dort sei Ware angeliefert und an Abnehmer wie an sie – die Klägerin – weitergeleitet worden. Soweit Waren nicht über C gelaufen, sondern unmittelbar an sie – die Klägerin – oder an ihre Abnehmer gelangt seien, habe es sich um zulässige und übliche Reihengeschäfte auf Veranlassung der A gehandelt. Somit habe sie die Verfügungsmacht an Waren verschaffen können. Die A sei daher nicht als Scheinunternehmen anzusehen gewesen.

Über Betrugsgeschäfte der A habe sie keine Kenntnis gehabt. Die A habe ihr Gewerbe in C angemeldet und sei beim zuständigen Finanzamt erfasst gewesen. Damit habe sie – die Klägerin – davon ausgehen können, dass die A zum Ausweis von Umsatzsteuern in ihren Rechnungen berechtigt gewesen sei. Soweit die A in Betrugsgeschäfte eingebunden gewesen sein sollte („missing trader“) habe sie – die Klägerin – hiervon keine Kenntnis gehabt; ihre Vorstände hätten dies auch nicht erkennen können. Sollte sich aus dem Geständnis des M ergeben, dass er seit Mitte Dezember 2000 Kenntnis gehabt habe, dass die A als missing trader gedient habe, sei ihr diese Kenntnis nicht zuzurechnen. Denn M sei nur de jure aber nicht faktisch einer ihrer Vorstände gewesen und er habe sein Amt als Vorstand am 21.12.2000 niedergelegt. Es sei wegen der nur deklaratorischen Bedeutung unbeachtlich, dass die Abberufung nicht ins Handelsregister eingetragen worden sei. Das Wissen eines nicht verantwortlichen Mitarbeiters reiche für eine Wissenszurechnung nicht aus. Aus dem Strafverfahren habe sich nicht ergeben, dass auch der Vorstand I entsprechende Kenntnisse gehabt habe oder hätte haben können. Die protokollierte Aussage des Transportunternehmers 13 hierzu sei in der Wortwahl eine freie Interpretation des Fahndungsprüfers 15 gewesen.

Zu Unrecht würden auch die Verkäufe an die Firma E in F /Niederlande nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen anerkannt werden. Sie habe die Lieferungen buch- und belegmäßig nachgewiesen. Soweit Lieferungen nicht unmittelbar nach F , sondern an den Firmenvertreter T in 2 in Deutschland geliefert worden seien, habe dieser bestätigt, dass die Waren unmittelbar in die Niederlande weitergeliefert worden seien. Die entsprechenden Belege hätten der Fahndung vorgelegen.

Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es zunächst auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Weiter trägt es im Wesentlichen Folgendes vor:

Die A sei eine Scheinfirma gewesen, die in C lediglich einen Briefkastensitz unterhalten habe. Dort seien nur die Rechnungen geschrieben worden, ein Warenhandel habe nicht stattgefunden.

Die A sei als missing trader in Betrugsgeschäfte eingebunden gewesen. Dies habe der Vorstand der Klägerin M gewusst. Sein Wissen sei der Klägerin zuzurechnen. Nachweise über die Niederlegung des Amtes als Vorstand der Klägerin habe diese nicht erbracht. Noch am 02.04.2001 habe er die Umsatzsteuererklärung für 2000 unterschrieben. Auch der Vorstand I hätte die betrügerischen Absichten der A erkennen können.

Die A habe der Klägerin nicht die Verfügungsmacht an den gelieferten CPU verschaffen können. Die Ware sei unmittelbar aus EG-Mitgliedstaaten an die Klägerin gelangt. Der Vorsteuerabzug sei daher zu Recht versagt worden.

Die Steuerbefreiung von Lieferungen an die Firma E könne nicht anerkannt werden. Die Lieferungen seien belegmäßig nicht nachgewiesen worden. Tatsächlich sei die Ware nicht nach F /Niederlande gelangt. Dort habe sich nach den Ermittlungen der Steuerfahndung 14 und FIOD (Niederlande) lediglich eine Briefkastenadresse befunden. Die Ware sei zu T , dem Vertreter der Firma E in 2 /Deutschland verbracht worden. Die Klägerin habe nur für einige Geschäftsvorfälle Frachtbriefe vorgelegt, die jedoch auch nicht geeignet seien, die Lieferungen nach F /Niederlande zu belegen.

Da es somit keinen Nachweis darüber gebe, dass die Ware in den Niederlanden angekommen sei, könne die Steuerbefreiung nicht gewährt werden.

Das Gericht hat die Akten der Staatsanwaltschaft des LG X Az 00000 zu dem Verfahren beigezogen. Aus den beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft ergibt sich die Verurteilung des Vorstandes M wegen Steuerhinterziehung und die Einstellung des Verfahrens gegenüber dem Vorstand I gegen Auflage gemäß § 153 a Abs. 2 StPO. Das Verfahren gegen M wurde wegen des Tatkomplexes versuchter Steuerhinterziehung betreffend Voranmeldungen März und April 2001 gemäß § 154 Abs. 2 StPO und wegen des Tatkomplexes E gemäß § 154a Abs. 2 StPO eingestellt.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Zutreffend hat das Finanzamt die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der Firma A nicht anerkannt, denn jedenfalls der Verantwortliche der Klägerin, M , hätte die Einbindung dieser Geschäfte in einen Umsatzsteuerbetrug erkennen können. Es waren auch die Warenverkäufe der Klägerin an die Firma E nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit, weil die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Waren tatsächlich von ihr nach F in den Niederlanden verbracht wurden.

Der Klägerin steht für den streitbefangenen Zeitraum der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen der Firma A nicht zu. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die A als Tarnfirma lediglich Rechnungen erstellte, um die betrügerischen Aktivitäten ihrer Hintermänner zu verdecken. Die A konnte der Klägerin nicht als Unternehmer die Verfügungsmacht über die in Rechnung gestellten Waren verschaffen. Die Klägerin muss sich auch die Kenntnis des M von den Betrugsgeschäften der A und ihrer Hintermänner zurechnen lassen. Das Gericht macht sich insoweit die Feststellungen im Strafverfahren und insbesondere des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts X (Az. 00000 ), das wesentlich auf dem Geständnis des M beruht, zu Eigen, weil es von der Richtigkeit des Urteilsspruchs überzeugt ist (vgl. BFH-Urteil vom 13.07.1994 I R 112/93, BStBl. II 1995, 198; BFH-Beschluss vom 29.01.1999 V B 112/97, BFH/NV 1999, 1103 m. w. Nachweisen).

–             a) Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1999 kann der Unternehmer die Vorsteuerbeträge abziehen, die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesen sind für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

Dabei trägt in tatsächlicher Hinsicht der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind (ständige Rspr. vgl. BFH-Beschlüsse vom 24.07.2002 V B 25/02, BFHE 199, 85, UR 2002, 522 und vom 03.08.2007 V B 73/07, UR 2007, 944; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar § 15 Rz. 82 m.w.N.).

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kommt der Anspruch auf Vorsteuerabzug nur dann in Betracht, wenn der Rechnungsaussteller bzw. der Empfänger der Gutschrift und der leistende Unternehmer im Sinne von § 2 UStG, der die in der Rechnung bezeichnete Lieferung oder sonstige Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, identisch sind (vgl. BFH-Urteile vom 16.08.2001 V R 67/00, UR 2002, 213, vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233 und vom 04.09.2003 V R 9, 10/02 BStBl. II 2004, 627 sowie BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl. II 2004, 622). Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den der Lieferung oder Leistung zu Grunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist danach grundsätzlich derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem Anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem Anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen bei Ausführung der entgeltlichen Leistung aufgetreten ist (BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, a.a.O., m.w.N.). Maßgeblich ist hiernach grundsätzlich, wer aus dem entsprechenden Rechtsgeschäft zu einer Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG an den Leistungsempfänger verpflichtet ist (BFH-Urteil vom 26.06.2003 V R 22/02, a.a.O.). Eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Bestimmung des Leistenden kommt aber dann in Betracht, wenn nach den konkreten Umständen erkennbar eine eigene Lieferung des Handelnden und nicht eine Lieferung des durch ihn vertretenen zivilrechtlichen Vertragspartners vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 04.09.2003 V R 9, 10/02, a.a.O.). Bei dieser Beurteilung ist entscheidend darauf abzustellen, wer tatsächlich dem Leistungsempfänger die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand verschafft, den Leistungsempfänger also befähigt hat, in eigenem Namen gemäß § 3 Abs. 1 UStG über den Liefergegenstand zu verfügen (vgl. BFH-Urteil vom 04.09.2003 V R 9, 10/02, a.a.O.).

bb) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist unter Würdigung der Umstände des Streitfalles, wie sie sich aus den Feststellungen im Strafverfahren und den Aussagen der davon betroffenen Personen ergeben, die A nicht befähigt gewesen, der Klägerin die Verfügungsmacht über die in Rechnung gestellten CPU zu verschaffen. Die A hatte lediglich die Aufgabe, entsprechende Rechnungen mit dem Ausweis der Umsatzsteuer zu erstellen und den Zahlungsverkehr abzuwickeln. M , der für den Einkauf der von der A in Rechnung gestellten CPU verantwortlich war, bestellte diese Lieferungen in allen Fällen über 8 , mit dem er auch die Lieferkonditionen vereinbarte. Die Bestellung erteilte M erst, wenn er für die Ware einen Abnehmer gefunden hatte. Bei den meisten Liefervorgängen erfolgte die Warenübergabe an die Klägerin in 12 am Sitz der Speditionsfirma 11 . Dort wurde die Ware von den ausländischen Vorlieferanten 0001, 0002 und 0003 angeliefert, dort wurde die Ware überprüft und an den Transporteur der Klägerin übergeben. Nur in wenigen Fällen, etwa ab Februar 2001, übernahm die Klägerin die Ware in C von den ausländischen Vorlieferanten, gelegentlich auch in den Büroräumen der A . Die Ware wurde erst an die Klägerin freigegeben, wenn sie den Kaufpreis auf das Konto der A bei der S D angewiesen hatte. Die Freigabe erteilten 8 oder P telefonisch gegenüber M .

Damit steht fest, dass die Verantwortlichen der Firma A , nämlich P und O , weder den Einkauf noch den Verkauf der an die Klägerin in Rechnung gestellten Waren tatsächlich veranlassten; sie waren lediglich für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und für die Rechnungsstellung verantwortlich. Die Vereinbarungen über den Warenein- und Weiterverkauf an die Klägerin traf 8 in eigener Zuständigkeit und im eigenen Interesse, nicht aber als Beauftragter der Firma A . Die Besitzübergabe erfolgte über die beauftragten Transporteure der ausländischen Vorlieferanten an die Klägerin unmittelbar bzw. über die Firma 11 . Die gelegentliche Übergabe der Ware in C an den Fahrer der Klägerin führte nicht zu einer eigenständigen Verfügung der Firma A . Auch die Abwicklung des Zahlungsverkehrs bedingte nicht eine eigene Verfügungsbefugnis der A an den Waren. Verfügungsmacht an den gelieferten CPU erlangte die Klägerin nur von den hinter der A stehenden Personen, die die tatsächlichen Warenlieferungen organisierten, bzw. unmittelbar von den Lieferfirmen in den Mitgliedsstaaten.

b) Der Vorsteuerabzug aus den streitbefangenen Rechnungen kann auch deswegen nicht gewährt werden, weil der Firma A die Unternehmereigenschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG fehlte.

aa) Soweit eine rechtlich wirksam gegründete und tatsächlich existierende Kapitalgesellschaft als Leistender auftritt, kommt es bei der Beurteilung ihrer Unternehmereigenschaft darauf an, ob sie tatsächlich in der Lage war, Umsätze zu tätigen und zu bewirken, so dass der Abnehmer die Verfügungsmacht an den Liefergegenständen von ihr erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 28.01.1999 V R 4/98, BStBl. II 1999, 628). Dabei sind die Umstände des jeweiligen Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1996 V R 51/93, BStBl. II 1996, 620; BFH-Beschluss vom 10.05.1999 V B 1/99, BFH/NV 1999, 1526; Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 2 Rz. 225).

Unter Maßgabe von § 2 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche und berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Merkmal der Selbständigkeit findet im Umsatzsteuergesetz keine Definition. Die Regelung in Artikel 4 Abs. 4 Satz 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG, im Folgenden als 6. EG-RL bezeichnet) bzw. Art 11 MwStSystRL (Richtlinie 2006/112/EG) verlangt für die Selbständigkeit eine rechtliche Unabhängigkeit. Juristische Personen sind zwar unternehmerfähig, jedoch nicht schon kraft Gesellschaftsform als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG anzusehen. Es erreicht zwar auch eine nur zum Schein gegründete juristische Person Rechtsfähigkeit, wenn ihr die Eintragung ins Handelsregister gelingt (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. § 1 Rz. 40; BFHZ 21, 378 ff). Die Unternehmereigenschaft verlangt aber zudem eine nach außen gerichtete Tätigkeit gegenüber Dritten mit dem Ziel, eine entgeltliche Leistung zu erbringen (vgl. Seite in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG-Kommentar, § 2 Rz. 70/71). Bei Anwendung der Regelungen zur Organschaft folgt aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse dann nicht selbständig tätig wird, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Damit fehlt einer juristischen Person die Selbständigkeit, wenn sie sich nur als willenloses Werkzeug eines anderen darstellt, also nur noch den Willen des anderen zur Geltung bringen kann (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 2 Rz. 60, 85; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG-Kommentar, § 2 Rz. 481; FG Nürnberg Beschluss vom 09.08.2002, Az. II 474/2001, juris).

Das Merkmal der Selbständigkeit als Voraussetzung der Unternehmereigenschaft und damit auch als Voraussetzung der Vorsteuerabzugsberechtigung ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 15 Rz. 295 ff, 302; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, a.a.O., § 15 Rz. 83 ff; a.A. Stadie in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 2 Rz. 482). Nach dem Wortlaut und auch nach Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist der Vorsteuerabzug nur zu gewähren, wenn die bezogene Leistung von einem Unternehmer erbracht worden ist. Im System der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug soll die umsatzsteuerliche Entlastung der Vorbezüge grundsätzlich nur innerhalb der Unternehmerkette stattfinden. Dies setzt voraus, dass die bezogene Leistung tatsächlich von einem Unternehmer bewirkt worden ist. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob der den Vorsteuerabzug geltend machende Unternehmer die fehlende Unternehmereigenschaft desjenigen hat erkennen können, von dem angeblich die Leistung bezogen worden ist. Fehlt es objektiv am Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft oder kann es nicht nachgewiesen werden (vgl. Forgách in Reiß/Kraeusel/Langer, a.a.O., § 15 Rz. 85.11), so kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht. Einen Gutglaubensschutz hat das Umsatzsteuergesetz insoweit nicht vorgesehen (vgl. BFH-Urteile vom 24.04.1986, V R 110/76, BFH/NV 1987, 745 und vom 01.02.2001 V R 6/00, BFH/NV 2001, 941; BFH-Beschluss vom 12.03.2008 XI B 206/06, BFH/NV 2008, 1212; BFH-Urteile vom 08.10.2008 V R 63/07, BFH/NV 2009, 1473, vom 30.04.2009 V R 15/07, BStBl. II 2009, 744 und vom 08.07.2009 XI R 51/07, juris). Der Unternehmer trägt vielmehr allein das wirtschaftliche Risiko der tatsächlichen Existenz seines angeblichen Vertragspartners.

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Firma A die Unternehmereigenschaft im Sinne von § 2 UStG bzw. von Artikel 4 Abs. 4 Satz 2 der 6. EG-RL bzw. Art 11 MwStSystRL abzusprechen und der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den streitbefangenen Rechnungen verwehrt.

Selbst wenn die A nach niederländischem Recht wirksam als genossenschaftlich organisierte Körperschaft eine eigenständige Rechtsfähigkeit erlangt haben sollte, führte dies unter den Umständen des Streitfalles unter objektiver Betrachtung nicht zu einer unternehmerischen Selbständigkeit der A . Die Personen, die für sie und in ihrem Namen im Geschäftsverkehr auftraten und handelten, konnten keine eigenständige Unternehmensführung durchsetzen, sondern waren von den Anweisungen anderer Personen abhängig. Die A war nicht in der Lage, aus eigenem Willen und eigenem Vermögen die Liefergeschäfte zu organisieren und auszuführen, aus denen die Klägerin den Anspruch auf Vorsteuerabzug ableitet.

Der als Geschäftsführer bestellte P gab in der Vernehmung durch die Wirtschaftspolizei 16 am 03.04.2001 an, es sei ihm von 8 im August 2000 vorgeschlagen worden, über die A an seine Kunden CPU zu verkaufen. Geschäftsführer sei er nur auf dem Papier gewesen. Er habe für 8 Rechnungen mit dem Briefkopf von A erstellen sollen. Tatsächlich habe 8 die Geschäfte der A geführt, A sei eigentlich 8 gewesen.

Auch in der Vernehmung vor der Gerichtspolizei 18 am 28.08.2002 erläuterte P seine Arbeit als Geschäftsführer der A und führte aus, dass er Geld dafür erhalten habe, damit die A in dem u.a. von 8 konstruierten Betrugskarussell zur Verfügung gestellt werde. Es sei klar gewesen, dass die A lediglich als Rechnungsanschrift zwischengeschaltet und von Anfang an eine Scheinfirma gewesen sei.

O, der die A in den Niederlanden gegründet hatte und ebenfalls deren Geschäftsführer bzw. Direktor war, sagte in seiner Vernehmung vom 26.04.2002 und vom 10.06.2002, die auch in dem Strafverfahren gegen M verlesen wurde, unter anderem aus, er habe P ab Mitte 2000 in die A als Geschäftsführer aufgenommen. P habe die Geschäfte in Deutschland geleitet, in die er selbst nicht eingebunden gewesen sei. Um nicht für Steuerhinterziehungen, die unter Verwendung des Firmenmantels in Deutschland geschehen seien, verantwortlich gemacht zu werden, habe er seinen Anteil an 8 verkauft, damit sein Name formal nicht mehr als Inhaber/Direktor auftauche. Er habe es hingenommen, dass er für die deutsche A als Strohmann erhalten bliebe, damit in Deutschland Steuern im Rahmen eines Umsatzsteuerkarussells haben hinterzogen werden können. Hierfür habe er 5.000 DM monatlich erhalten. An den Gewinnen aus den Taten in Deutschland sei er nicht beteiligt gewesen, er habe auch keine Rechnungen geschrieben oder Banküberweisungen an die Kunden getätigt.

Demgegenüber behauptete 8 in seinen Vernehmungen vom 23.01.2002, vom 30.01.2002, vom 01.02.2002 und vom 27.02.2002 zwar, dass P als Verantwortlicher der A aufgetreten sei und die Warenmengen und Preise bestimmt habe. Es sei ihm jedoch klar gewesen, dass auf irgendeiner Ebene Umsatzsteuern hinterzogen werden mussten, um die Geschäfte überhaupt möglich zu machen. Er selbst habe aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt. Im Wesentlichen hätten jedoch im Ausland agierende kriminelle Hintermänner die Geschäfte bestimmt und daran verdient.

Aus diesen Aussagen ergibt sich für das Gericht als Gesamtbild, dass die A weder als Betriebsstätte in Deutschland noch als Genossenschaft mit Hauptsitz in den Niederlanden eine eigenständige unternehmerische Initiative im Zusammenhang mit dem Handel und Verkauf von CPU an die Klägerin entfaltet hat. Die A war vielmehr ein willenloses Werkzeug von nicht weiter bekannten oder ermittelbaren Hintermännern, die die Wareneinkäufe, Mengen und Preise bestimmten. Sowohl O als auch P , die nach Außen als Geschäftsführer bzw. Direktor für die A auftraten, waren lediglich Namensgeber bzw. Rechnungsschreiber, nicht jedoch die unternehmerischen Entscheidungsträger. Sollte diese Funktion 8 zugekommen sein, wie es P in seinen Aussagen darstellte, so war 8 rechtlich weder Gesellschafter noch Geschäftsführer noch Beauftragter der A . Sollte er tatsächlich die Geschäfte der A beherrscht haben, so wäre 8 als der maßgebliche Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG anzusehen nicht aber die A .

c) Auch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH und BFH zum Vorsteuerabzug bei der Einbindung der Warenlieferungen in kriminelle Karussell-Geschäfte kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht (vgl. EuGH-Urteil vom 06.07.2006 C-439/04 und C-440/04, UR 2006, 594; BFH-Urteile vom 19.04.2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl. II 2009, 315 m.w.N. und vom 30.04.2009 V R 15/07, BStBl. 2009, 744).

aa) Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung verliert ein Steuerpflichtiger nicht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn er alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von einem Wirtschaftsteilnehmer verlangt werden können, um sicherzustellen, dass die Lieferungen und Leistungen für sein Unternehmen nicht in einen Betrug oder eine Steuerhinterziehung einbezogen sind. Zu den Obliegenheiten eines sorgfältigen Unternehmers gehört es dabei, dass er sich über die Richtigkeit der Geschäftsdaten seiner Vertragspartner versichert (BFH-Urteil vom 27.06.1996 V R 51/93, BStBl. II 1996, 620). Das nationale Gericht hat aber den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt selbst dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt, auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhen (EuGH-Urteil vom 06.07.2006 C-439/04 und C-440/04, a.a.O., dort Rz. 59).

Nach der Rechtsprechung des EuGH genügt bereits eine fahrlässige Unkenntnis der Umstände der Mehrwertsteuerhinterziehung, wie es sich aus der Formulierung „hätte wissen müssen“ ergibt. Ob der EuGH mit dieser Formulierung nach deutschem Rechtsverständnis eine grobe bzw. bewusste Fahrlässigkeit für erforderlich hält, wofür die Wortwahl „wissen müssen“ spricht, oder ob bereits die einfache Fahrlässigkeit zur Versagung des Vorsteuerabzugs genügen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn nach der Erkenntnis des Gerichts hat der Verantwortliche der Klägerin, nämlich deren Vorstand M , die ihm obliegende Sorgfalt bei der Ausführung der Geschäfte im Zusammenhang mit der A in ganz erheblichem Maße verletzt, also grob fahrlässig gehandelt. Eine grobe Fahrlässigkeit ist nämlich dann gegeben ist, wenn ein Steuerpflichtiger die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.02.2002 IV R 37/01, BStBl. II 2003, 385 m.w.N.).

bb) Im Streitfall steht fest, dass die Warenlieferungen, die unter dem Namen der A gegenüber der Klägerin abgerechnet worden waren, in Betrugsgeschäfte eingebunden waren. Dabei diente die A als bloße Rechnungsadresse und als Tarnunternehmen („missing trader“), das die Hintermänner und eigentlichen Lieferanten der in Rechnung gestellten Waren verdecken sollte. Diese Umstände des Steuerbetrugs hätte jedenfalls der für den Handel mit Computerteilen zuständige Vorstand der Klägerin, M , erkennen müssen.

Bereits im Zeitpunkt der ersten von der A abgerechneten Lieferung (Rechnung vom 06.10.2000, „PRO FORMA INVOICE“) über 1.200 CPU zu einem Brutto-Preis von 540.096 DM hätte M erkennen können und müssen, dass die Geschäfte mit der A zweifelhaft gewesen waren. Bedenken hätten sich für einen Kaufmann, der die üblichen Sorgfaltspflichten bei Geschäften dieser Art und von diesem Umfang beachtet hätte, schon aus den Umständen der Einbindung eines genossenschaftlich organisierten ausländischen Unternehmens in den Warenbezug der Klägerin ergeben müssen. Mit diesem Unternehmen hatte die Klägerin vorher keinen Geschäftskontakt unterhalten. Auf der Rechnung war keine natürliche Person als Ansprechpartner oder ein Geschäftsführer vermerkt. Ein sorgfältiger Kaufmann hätte sich über die Registereintragung beim Gericht für Handelssachen und über die rechtlichen Verhältnisse der A versichert und sofort festgestellt, dass es ein Amtsgericht in C , so wie auf der Rechnung angegeben, gar nicht gibt. Insbesondere für M hätten sich Zweifel an der Zuverlässigkeit der A aus den Umständen der Vereinbarungen mit 8 vom September 2000 ergeben müssen. Mit diesem hatte er schriftlich am 28.09.2000 vereinbart, dass die Belieferung der Klägerin mit CPU über einen Vorlieferanten erfolgen sollte, um damit gegenüber der Hausbank der Klägerin eine Geschäftsbeziehung mit 8 zu verdecken. Dieser Vorlieferant sollte die A sein, weil eine unmittelbare Belieferung der Klägerin von den ausländischen Firmen 0001 , 0002 oder 0003 aus Gründen des Kundenschutzes nicht gewollt war. M , der mit dem Handel von Computerbauteilen vertraut und im Unternehmen der Klägerin für diese Geschäfte verantwortlich war, hätte auch hinsichtlich der Preisgestaltung der Belieferung durch die A bereits bei den ersten Rechnungsstellungen erkennen können und müssen, dass die berechneten Preise besonders günstig gewesen waren.

In seinem Geständnis vom 08.11.2007 vor dem Strafgericht räumte M jedenfalls ein, dass ihm nach der Besprechung mit dem Geschäftsführer 13 der Transportfirma 11 zum Ende des Jahres 2000 die Preisgestaltung der A bedenklich erschienen sei. Er sei zu der Vermutung gekommen, dass die günstigen Preise nur durch eine Einbindung in ein Umsatzsteuerkarussell und durch Steuerhinterziehung zustande gekommen seien. Dass M trotz dieser Erkenntnisse weiterhin die Geschäftsverbindung zur A aufrecht erhielt und auch die bereits geltend gemachten Vorsteuerabzüge aus den Rechnungen nicht auf ihre Berechtigung überprüft und berichtigt hatte, wertet das Gericht zumindest als eine grobe Fahrlässigkeit. Ebenso als grobe Fahrlässigkeit ist zu bewerten, dass M noch die Umsatzsteuererklärung für 2000, in der die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der A weiterhin geltend gemacht wurden, eigenhändig unterschrieben und die Abgabe der unrichtigen Erklärung am 05.04.2001 nicht verhindert hatte. Ebenso ist es zumindest als grobe Fahrlässigkeit anzusehen, dass M trotz seiner Kenntnis von der Zweifelhaftigkeit der Geschäftsbeziehung zur A nicht dafür Sorge getragen hat, dass ein Vorsteuerabzug aus den im Jahre 2001 gestellten Rechnungen unterblieb. Vielmehr hatte er es hingenommen, dass die Klägerin auch in den Voranmeldungen für Januar bis April 2001 die von der A in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge mit einbezog.

d) Die Klägerin muss sich die Kenntnisse und das Kennenmüssen des M über die Umstände der Geschäftsbeziehungen zu der Firma A und sein zumindest grob fahrlässiges Verhalten im Hinblick auf die Lieferungen und Rechnungsstellungen die von der A gelieferten Waren betreffend zurechnen lassen (vgl. Pahlke/Koenig, AO-Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 34 Rz. 11).

aa) Gemäß § 34 Abs. 1 AO haben die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten. Das Erlöschen der Vertretungsmacht lässt die nach § 34 AO entstandenen Pflichten unberührt, soweit diese den Zeitraum betreffen, in dem die Vertretungsmacht bestanden hat und soweit der Verpflichtete sie erfüllen kann (vgl. § 36 AO).

Eine juristische Person des Privatrechts, wie die Klägerin es ist, muss sich das Handeln ihrer Vertretungsorgane als ein eigenes Handeln entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB-Kommentar, 68. Aufl. 2009 § 31 Rz. 1, 3; Reuter in MünchKommBGB, 5. Aufl. 2006, § 31 Rz. 11). Besteht eine Rechtspflicht zum Handeln, so ist das Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt (Reuter in MünchKommBGB, a.a.O., § 31 Rz. 30).

§ 31 BGB bestimmt, dass der Verein für den Schaden verantwortlich ist, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Dabei ist das Wissen und das schuldhafte Verhalten des Handlungsorganes der juristischen Person zuzurechnen (Pahlke/Koenig, AO-Kommentar, a.a.O., § 34 Rz. 11). Die Vorschrift des § 31 BGB bezweckt, die juristischen Personen, die erst durch natürliche Personen handlungsfähig werden, für das Handeln dieser Personen so verantwortlich zu machen, wie es eine natürliche Person für ihr eigenes Handeln ist (vgl. BFH-Urteile vom 08.05.1990 VII R 130-131/87, HFR 1990, 649 und vom 28.01.1993 V R 75/88, BStBl. II 1993, 357).

Die Zurechnung einer Kenntnis von Umständen oder deren Kennenmüssen folgt aus der Regelung in § 166 Abs. 1 BGB. Danach kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. § 166 Abs. 1 BGB gilt für alle Vertreter im Sinne von § 164 Abs. 1 BGB gleichermaßen, seien sie durch Rechtsgeschäft bevollmächtigt oder organschaftlich bestellt, wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft (vgl. Jauernig, BGB-Kommentar, 12. Auf. 2007, § 164 Rz. 6, § 166 Rz. 3; Heinrichs in Palandt, BGB-Kommentar, a.a.O., § 166 Rz. 2).

Die Regelung des § 166 Abs. 1 BGB findet bei rechtsgeschäftlich erteilter Vertretungsmacht ihre Rechtfertigung in dem Gedanken der Zurechenbarkeit. Wer sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient oder das Handeln eines in seinem Namen auftretenden vollmachtslosen Vertreters nachträglich genehmigt, muss es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird. Er kann sich also nicht auf die eigene Unkenntnis berufen (BGH-Urteil vom 10.02.1971 VIII ZR 182/69, BGHZ 55, 307, WM 1971, 378).

Auch bei Sachverhalten, die mit dieser Interessenlage vergleichbar sind, ist für eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zu Lasten des „Vertretenen“ Raum. So hat die Rechtsprechung des BGH diese Grundsätze angewandt zu der Frage, inwieweit sich der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Besitzherr die Bösgläubigkeit seines Besitzdieners beim Besitzerwerb (§§ 989 ff BGB) in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB als eigene zurechnen lassen muss (vgl. BGH-Urteil vom 10.02.1971 VIII ZR 182/69, a.a.O., mit weiteren Nachweisen der Rspr.). Diese Grundsätze gelten entsprechend im Rahmen des Steuerschuldrechts (§§ 33 ff AO) für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten von juristischen Personen, die sich als Steuerpflichtige einer natürlichen Person bedienen müssen, die das rechtsrelevante Wissen, Wollen und Handeln für diese vermitteln (vgl. Pahlke/Koenig, a.a.O., § 34 Rz. 11).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist das grob fahrlässige Verhalten ihres Vorstandes M der Klägerin zuzurechnen.

Die Klägerin wurde als Aktiengesellschaft am 10.03.2000 gegründet und am 19.05.2000 ins Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen. Als einzelvertretungsberechtigte Vorstände waren zunächst im Handelsregister H und I , ab 21.06.2000 auch M eingetragen. Erst am 16.09.2004 wurde das Ausscheiden von M als Vorstand und Liquidator im Handelsregister vermerkt. Damit war M als Vorstand gemäß § 84 AktG ordnungsgemäß bestellt und zur Vertretung der Klägerin nach § 78 AktG berechtigt und befugt. Im Geschäftsbereich der Klägerin war er für den Großhandel mit CPU zuständig und somit auch für den Einkauf der Computerbauteile über 8 und die A . Im Rahmen seiner Geschäftsführung und der ihm zustehenden Verrichtungen (vgl. § 31 BGB) hatte er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden und auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Klägerin zu handeln (vgl. § 93 Abs. 1 AktG). Diese Verpflichtungen trafen M auch in der Zeit, in der die A die Rechnungen an die Klägerin stellte und ihr die so berechneten Waren geliefert wurden, also ab September bzw. Oktober 2000. Sollte er, wie es die Klägerin vortrug, bereits ab Mitte Dezember 2000 tatsächlich nicht mehr Vorstandsfunktionen innegehabt haben, so war er doch weiterhin im Wareneinkauf leitend tätig und für den CPU-Handel zuständig; dies reicht aus für die Repräsentantenhaftung nach § 31 BGB (vgl. Reuter in MünchKommBGB, a.a.O., § 31 Rz. 20). Auf die Frage, ob M sein Amt als Vorstand am 21.12.2000 niedergelegt hatte und tatsächlich nicht mehr Vorstand der Klägerin gewesen ist, kommt es daher nicht an. Die Vernehmung der Zeugen M und L und des weiteren Vorstandes I als Partei war daher nicht erforderlich.

M war im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit auch zuständig für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der Klägerin, also insbesondere zur Abgabe inhaltlich richtiger und vollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahressteuererklärungen (vgl. §§ 34 Abs. 1, 149 Abs. 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 und Abs. 3 UStG, §§ 370 Abs. 1, 378 Abs. 1 AO). Er war im Geschäftsbetrieb der Klägerin soweit zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich, dass er noch am 02.04.2001 die USt-Erklärung für 2000 unterschreiben konnte. Es kann daher dahinstehen, ob er tatsächlich, wie die Klägerin es vorgetragen hat, bereits Mitte Dezember 2000 von seiner Tätigkeit als Vorstand abberufen worden war. Denn jedenfalls blieb gemäß § 36 AO die Verpflichtung trotz Erlöschen der Vertretungsmacht bestehen, dafür Sorge zutragen, dass sämtliche Wareneinkäufe im Zusammenhang mit den Rechnungsstellungen der A in zutreffenden Steueranmeldungen bzw. Erklärungen erfasst wurden. Diese Verpflichtungen hatte M zumindest grob fahrlässig verletzt, wie es sich aus seinem Geständnis und den Feststellungen des gegen ihn ergangenen Strafurteils ergibt. Damit ist die Klägerin gemäß § 31 BGB für den Schaden verantwortlich, der sich aufgrund der Einbindung der Warenlieferungen in kriminelle Karussell-Geschäfte und der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerabzüge aus den Rechnungen der A ergab. Selbst wenn M nicht mehr die Rechtsstellung eines Vorstandes innegehabt hätte, müsste sich die Klägerin dessen Verhalten und seine Kenntnisse bzw. sein Wissenmüssen nach § 278 BGB zurechnen lassen, da M jedenfalls im Geschäftsbereich der Klägerin beim Einkauf der Computerbauteile als Erfüllungsgehilfe aufgetreten war und er hinsichtlich der steuerlichen Verpflichtungen aufgrund seiner Unterschrift auf der Umsatzsteuerjahreserklärung in leitender Funktion Mitverantwortung übernommen hat (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB-Kommentar, a.a.O., § 278 Rz. 6,7; Stadler in Jauernig, BGB-Kommentar, a.a.O., § 278 Rz. 6, 7, 18).

Die Warenlieferungen, die an die „E bbb , 3 , F /Niederlanden“ adressiert wurden, können nicht als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG i.V.m. §§ 17a, 17c UStDV angesehen werden. Denn es fehlen die zum Nachweis für den Transport in die Niederlande erforderlichen Belege; soweit solche vorliegen, sind diese nicht vollständig.

–             a) Eine – gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG 1999 steuerfreie – innergemeinschaftliche Lieferung ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 dann gegeben, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegen- stand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und

3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.

Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der im Streitjahr geltenden 6. EG-RL.

Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) setzt die innergemeinschaftliche Lieferung – in Übereinstimmung mit den nationalen Grundsätzen – neben den Eigenschaften der Steuerpflichtigen voraus, dass die Befugnis wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH-Urteile vom 27.09.2007 Rs. C-409/04, Teleos u.a., UR 2007, 774, Randnrn. 42, 70 und vom 27.09.2007 Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782, Randnr. 23).

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG 1999 muss der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG 1999 nachweisen. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1999).

Dazu ist in § 17a Abs. 1 UStDV 1999 u.a. geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der Unternehmer nach § 17a Abs. 2 UStDV 1999 diesen Nachweis wie folgt führen:

1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der

Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

3. durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie

4. in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

–             b) Die Verpflichtung des Unternehmers aus § 6a Abs. 3 UStG 1993, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV 1993 nachzuweisen, ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Hierzu hat der EuGH ausgeführt (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 71/05, BStBl. II 2009, 52):

„Hinsichtlich der Nachweise, die die Steuerpflichtigen für eine Mehrwertsteuerbefreiung zu führen haben, ist festzustellen, dass die 6. EG-RL keine Vorschrift enthält, die sich unmittelbar mit dieser Frage befasst. Sie bestimmt lediglich in Art. 28c Teil A erster Halbsatz der 6. EG-RL, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen festlegen“ (EuGH-Urteil vom 27.09.2007 Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813, Randnr. 24).

„Art. 22 der 6. EG-RL regelt zwar bestimmte formelle Pflichten der Steuerschuldner in Bezug auf Aufzeichnungen, Rechnungen, Steuererklärungen und die der Finanzverwaltung vorzulegende Aufstellung. Nach Abs. 8 dieses Artikels können die Mitgliedstaaten jedoch weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern.

Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der 6. EG-RL erlassen dürfen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist“ (EuGH-Urteil Collée, a.a.O., Randnr. 25, 26).

Der Grundsatz der Neutralität erfordert es, dass „die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat. Anders verhielte es sich nur, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhinderte, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden“ (EuGH-Urteil Collée, a.a.O., Randnr. 31).

„Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen die Mitgliedstaaten die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören“ (EuGH-Urteil Twoh, a.a.O., Randnr. 25).

Die Nachweispflichten sind aber keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Soweit die bisherige Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2006 V R 47/03, BFHE 213, 148, BStBl II 2006, 634, unter II.2.a) von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, hält der BFH angesichts der dargelegten neueren Rechtsprechung des EuGH daran nicht mehr fest (BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 72/05, BStBl. II 2009, 55). Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG 1999 und §§ 17a, 17c UStDV 1999 bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat.

Daraus folgt: Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG 1999) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der – formellen – Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG 1999 vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG 1999 erforderlichen Nachweise nicht erbrachte (BFH-Urteil vom 12.05.2009 V R 65/06, UR 2009, 719).

–             c) Nach diesen Grundsätzen steht für das Gericht im Streitfall fest, dass die streitbefangenen Lieferungen der Klägerin an die E bbb F nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind. Denn die Klägerin selbst hat die Ware nur zu T nach 2 in Deutschland verbracht und nicht nachgewiesen, dass sie tatsächlich nach F in die Niederlande gelangt sind.

aa) Zwar hat die Klägerin die Lieferungen in ihren Büchern als innergemeinschaftliche Lieferungen erfasst und die USt-Id-Nummer der E bbb F angegeben. Diese USt-Id-Nummer hatte nach den Feststellungen des Fahndungsprüfers im Zeitpunkt der Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin tatsächlich bestanden und wurde der E bbb F erst später aberkannt. Auch erscheint T auf den Bestellscheinen der E bbb F als deren berechtigter Vertreter, so dass die Steuerbefreiung nicht bereits aufgrund einer mangelhaften buchmäßigen Erfassung der Lieferungen im Sinne von § 17 c UStDV zu versagen ist (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 26/05, BStBl. II 2009, 49). Zudem konnte das Finanzamt nicht nachweisen, dass die E bbb F nur eine Scheinfirma gewesen sei. Die Aussage des Fahndungsprüfers in der mündlichen Verhandlung genügte hierfür nicht.

bb) Eine Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung kommt jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin die Waren tatsächlich nicht in die Niederlande verbracht, sondern in 2 am Sitz der Firma von T abgeliefert hatte. Die Klägerin räumt selbst ein, dass ihr Fahrer 6 die Transporte nur bis nach 2 ausgeführt hatte, weil der Weg nach F für eine Tagesfahrt zu weit gewesen sei. Somit konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass die Lieferungen tatsächlich unmittelbar in die Niederlande gelangten.

cc) Schließlich hat die Klägerin auch nicht anhand der vorliegenden Lieferpapiere den nach § 17 a UStDV erforderlichen Belegnachweis führen können. In der mündlichen Verhandlung wurden die in den Beweismittelakten vorhandenen Belege gesichtet und mit den Belegen, die die Klägerin in ihren Schriftsätzen vorgelegt hat, abgeglichen. Danach steht für das Gericht fest, dass keiner der Belege geeignet ist, eine Lieferung der Klägerin nach F in den Niederlanden nachzuweisen. Zwar liegen die von der Klägerin an die E bbb F adressierten Rechnungen vor, zumeist auch die Bestellungen auf den Namen E bbb F , die von T abgezeichnet worden waren; gelegentlich finden sich auch Lieferscheine der Klägerin und Zahlungsbestätigungen. Dies genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Nachweispflicht.

Nur vereinzelt wurden die Lieferscheine mit einem Stempel der E bbb F und mit der Unterschrift oder dem Namenszeichen des T versehen. In wenigen Fällen liegen internationale Frachtbriefe vor (CMR-Papiere), die jedoch durchweg nicht vollständig ausgefüllt waren. So fehlen teilweise Name, Anschrift und Unterschrift des Frachtführers (Lieferung vom 09.10.2000), oder die Papiere sind nur von 6 abgezeichnet (Lieferung vom 07.11.2000 und vom 27.11.2000); dieser hatte die Waren jedoch nur nach 2 verbracht und nicht in die Niederlande. Schließlich findet sich bei einem Liefervorgang auf den Frachtbelegen nur die Namensangabe „17 “ für das Transportunternehmen (Lieferung vom 06.03.2001) und eine Kfz-Nummer. Diese Unterlagen genügen in keinem Fall zum Nachweis einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung.

Somit konnte die Klage unter keinem Gesichtspunkt erfolgreich sein. Die Klägerin hat als der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO) zu tragen.

Die Revision war entgegen der Anregung der Klägerin nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf den Grundsätzen der gefestigten Rechtsprechung des BFH und EuGH beruht. Der von der Klägerin angeführte Beschluss des BGH vom 07.07.2009 (Az. 1 StR 41/09, UR 2009, 732) ist für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Der BGH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Steuerbefreiung für eine tatsächlich ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferung zu versagen ist, wenn der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt, der auf die Hinterziehung von Mehrwertsteuer angelegt ist. Diese Fragestellung ist aber weder für die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin aus Warenbezügen unter dem Namen der A noch für Warenlieferungen der Klägerin an die E nach 2 maßgeblich.