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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsgebiete:

– Steuerrecht
– Steuerstrafrecht
– Erbrecht

Abgabe von Dauerkarten an Vereinsmitglieder

Die unentgeltliche Abgabe von Dauerkarten an Mitglieder stellt zwar grundsätzlich einen „Eigenverbrauchstatbestand“ dar, jedoch ist die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer mit 0 anzusetzen, wenn dem Verein durch die unentgeltliche Abgabe keine Kosten entstanden sind.

Urteil des Niedersächsischen FG vom 05.05.1994 Az.: V 46/93

Tatbestand

Der Kläger unterhält u.a. eine Lizenzspielerabteilung der Sparte Fußball und nahm mit der ersten Fußballmannschaft im Streitjahr am Spielbetrieb der ersten Fußballbundesliga teil.

Zum Besuch der Pflichtspiele gab der Kläger insgesamt 82 Dauerkarten unentgeltlich ab. Hiervon entfielen auf die Stadt … 20 Karten, auf Nichtmitglieder des Klägers 8 Karten und auf Mitglieder des Klägers 16 Karten.

Nach einer Außenprüfung nahm der Beklagte an, daß der Kläger mit der Abgabe von Dauerkarten an die Stadt … bzw. an Nichtmitglieder einen Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 b Umsatzsteuergesetz (UStG) getätigt habe. Soweit der Kläger Dauerkarten an Vereinsmitglieder abgegeben habe, sei der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG erfüllt.

Seine hiergegen nach insoweit erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Eigenverbrauchstatbestände seien durch die unentgeltliche Abgabe der Dauerkarten nicht erfüllt. Die Dauerkarten seien keine Sachzuwendung, so daß der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG nicht erfüllt sei. Diejenigen Dauerkarten, die der Kläger seinen Vereinsmitgliedern unentgeltlich überlasse, seien entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 2 b UStG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG zu fassen. Er, der Kläger, habe diesen Vereinsmitgliedern die Karten als Repräsentanten des Vereins übergeben. Die ausschließlich im Interesse des Klägers liegenden Gründe für die Überlassung der jeweiligen Karten ergeben sich daraus, daß es sich um einen Personenkreis handele, der im Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sei. Den betreffenden Personen solle mit der Abgabe der Dauerkarten die Möglichkeit verschafft werden, die von ihnen wahrzunehmenden oder erwarteten ehrenamtlichen Aufgaben auch im Stadion zu erfüllen. Eine Bevorzugung einzelner Mitglieder liege nicht vor. Dies widerspreche auch der Lebenserfahrung, weil gerade wegen der geschilderten Besonderheiten nur wenige ausgewählte Persönlichkeiten diese Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege zum Wohle des Vereins betreiben könnten, nicht jedoch die Mitglieder in ihrer Gesamtheit.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer auf … DM herabzusetzen.

Der Beklagte erklärt sich bereit, die unentgeltliche Abgabe von Dauerkarten, soweit hiervon Nichtmitglieder des Klägers betroffen sind, aus der Besteuerung herauszunehmen und insoweit die Umsatzsteuer um … DM zu vermindern. Er beantragt im übrigen,

die Klage abzuweisen.

Die von Vereinsmitgliedern betriebene Öffentlichkeitsarbeit falle in den Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten eines Vereinsmitglieds. Zuwendungen, die Personen in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Vereins erhielten, seien dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen. Die Abgabe der Dauerkarten sei steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG. Bemessungsgrundlage seien gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die für die Ausführung der Leistung entstandenen Kosten. Der Kläger biete eine sonstige Leistung an, die in der Veranstaltung des Spielbetriebs stehe. Der Spielbetrieb verursache unstreitig Kosten. Eintrittsgelder von zahlenden Zuschauern würden zur Deckung der Kosten erhoben. Mangels anderer Anhaltspunkte böten die Verkaufspreise eine geeignete Schätzungsgrundlage für die zu ermittelnden Kosten. Pro Karte seien deshalb 2.000,00 DM (brutto) anzusetzen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.

Dem Gericht haben die beim Beklagten für den Kläger geführten Steuerakten zu St.-Nr. … vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Nachdem der Beklagte im Klageverfahren hinsichtlich des Komplexes der unentgeltlichen Abgabe von Dauerkarten an Nichtmitglieder zu erkennen gegeben hat, daß er dem Begehren des Klägers entsprechen werde, hatte der Senat allein noch zu entscheiden, ob die unentgeltliche Abgabe von Dauerkarten an Mitglieder des Klägers Umsatzsteuer auslöst. Dies ist zu verneinen.

Zwar erfüllt der Kläger durch die unentgeltliche Abgabe von Dauerkarten an Vereinsmitglieder den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG. Insoweit erbringt der Kläger gegenüber den berechtigten Mitgliedern eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG, die in der Gewährung der Teilnahmemöglichkeit bei den Heimspielen der Lizenzspielermannschaft des Klägers besteht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Steuertatbestand nicht deshalb ausgeschlossen, weil aus der Sicht des Klägers für die Unentgeltlichkeit der erbrachten Leistung möglicherweise ein unternehmerisches Interesse des Klägers selbst bestand.

Für die Umsätze ergibt sich jedoch keine feststellbare Bemessungsgrundlage. Nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG bemißt sich der Umsatz bei sonstigen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG nach den bei der Ausführung des Umsatzes entstandenen Kosten. Diese Vorschrift des nationalen Rechts setzt Artikel 11 Teil A Abs. 1 c der 6. EG-Richtlinie um, wonach als Bemessungsgrundlage der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistungen ist. Hieraus folgt, daß nur diejenigen Kosten in die Bemessungsgrundlage eingehen dürfen, die ursächlich mit den zu erfassenden Umsätzen in Verbindung stehen. Mit anderen Worten: Bemessungsgrundlage für die Leistung des Unternehmens sind die von ihm dafür aufgewendeten Kosten (vgl. BFH-Urteil vom 6. Februar 1992 V R 56/87, BFH/NV 1992, 845).

Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, sind keinerlei Kosten für den Kläger dadurch entstanden, daß er den betreffenden Vereinsmitgliedern die unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit an den Spielen der Bundesligamannschaft einräumte. So sind weder durch die Abgabe der Dauerkarten noch durch die Bereitstellung des mit der Dauerkarte zugewiesenen Tribünenplatzes Kosten entstanden. Die Kosten des allgemeinen Spielbetriebs der Bundesligamannschaft hatte der Kläger ohnehin zu tragen. Diese sind nicht durch die zusätzliche Gewährung der Teilnahmemöglichkeit der Vereinsmitglieder verursacht. Sie dürfen daher auch nicht anteilig in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Nach allem war die Umsatzsteuer des Streitjahres antragsgemäß herabzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.