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Holger J. Haberbosch
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Erbrecht
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BMF-Schreiben zur Neuregelung des UStG ab 01.01.2010

Das Bundesfinanzministerium hat ein umfangreiches BMF-Schreiben zur Anwendung der neuen umsatzsteuerlichen Regelungen mit Wirkung ab dem 01.01.2010 veröffentlicht. Hierin werden die Verwaltungsanweisungen für die neuen Regelungen auch anhand von Beispielen erläutert.

BMF-Schreiben vom 03.09.2009

Ort der sonstigen Leistung nach §§ 3a, 3b und 3e UStG ab 1. Januar 2010

IV B 9 – S 7117/08/10001 2009/0580334

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Regelungen der §§ 3a, 3b und 3e UStG zum Ort der sonstigen Leistung in der ab 1. Januar 2010 geltenden Fassung von Art. 7 Nr. 2 und 3 des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) Folgendes:


I. Ort der sonstigen Leistung nach § 3a UStG

1. Ort der sonstigen Leistung am Sitzort oder der Betriebsstätte des leistenden Unternehmers bei Leistungen an Nichtunternehmer (§ 3a Abs. 1 UStG)

1

(1) Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG nur bei Leistungen an

– Leistungsempfänger, die nicht Unternehmer sind,

– Unternehmer, wenn die Leistung nicht für ihr Unternehmen bezogen wird, oder

– nicht unternehmerisch tätige juristische Personen, denen keine USt-IdNr. erteilt worden ist

(Nichtunternehmer).

Der Leistungsort bestimmt sich nur nach § 3a Abs. 1 UStG, wenn kein Tatbestand des § 3a Abs. 3 bis 7 UStG, des § 3b UStG, des § 3e UStG oder des § 3f UStG vorliegt.

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(2) Maßgeblich ist grundsätzlich der Ort, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (vgl. § 21 AO). Ist dieser Ort bei natürlichen Personen nicht eindeutig bestimmbar, kommen als Leistungsort der Wohnsitz des Unternehmers (§ 8 AO) oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) in Betracht. Bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ist der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) maßgeblich. Der Ort einer einheitlichen sonstigen Leistung liegt nach § 3a Abs. 1 UStG auch dann an dem Ort, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt, wenn einzelne Leistungsteile nicht von diesem Ort aus erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 26. 3. 1992, V R 16/88, BStBl II S. 929).

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(3) Der Ort einer Betriebsstätte ist nach § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG Leistungsort, wenn die sonstige Leistung von dort ausgeführt wird, d.h. die sonstige Leistung muss der Betriebsstätte tatsächlich zuzurechnen sein. Dies ist der Fall, wenn die für die sonstige Leistung erforderlichen einzelnen Arbeiten ganz oder überwiegend durch Angehörige oder Einrichtungen der Betriebsstätte ausgeführt werden. Es ist nicht erforderlich, dass das Umsatzgeschäft von der Betriebsstätte aus abgeschlossen wurde. Wird ein Umsatz sowohl an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, als auch von einer Betriebsstätte ausgeführt, ist der Leistungsort nach dem Ort zu bestimmen, an dem die sonstige Leistung überwiegend erbracht wird.

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(4) Betriebsstätte im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmers dient. Eine solche Einrichtung oder Anlage kann aber nur dann als Betriebsstätte angesehen werden, wenn sie über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln verfügt, der für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen erforderlich ist. Außerdem muss die Einrichtung oder Anlage einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweisen, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistungen ermöglicht (vgl. hierzu EuGH-Urteile vom 4. 7. 1985, Rs. 168/84, EuGHE S. 2251, vom 2. 5. 1996, C-231/94, EuGHE I S. 2395, vom 17. 7. 1997, C-190/95, EuGHE I S. 4383, und vom 20. 2. 1997, C-260/95, EuGHE I S. 1005). Eine solche beständige Struktur liegt z. B. vor, wenn die Einrichtung über eine Anzahl von Beschäftigten verfügt, von hier aus Verträge abgeschlossen werden können, Rechnungslegung und Aufzeichnungen dort erfolgen und Entscheidungen getroffen werden, z. B. über den Wareneinkauf. Betriebsstätte kann auch eine Organgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sein. Der Ort sonstiger Leistungen, die an Bord eines Schiffs tatsächlich von einer dort belegenen Betriebsstätte erbracht werden, bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG. Hierzu können z. B. Leistungen in den Bereichen Friseurhandwerk, Kosmetik, Massage und Landausflüge gehören.

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(5) Die Leistungsortbestimmung nach § 3a Abs. 1 UStG kommt z. B. in folgenden Fällen in Betracht:

– Reiseleistungen (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG),

– Reisebetreuungsleistungen von angestellten Reiseleitern (vgl. BFH-Urteil vom 23. 9. 1993, V R 132/89, BStBl 1994 II S. 272),

– Leistungen der Vermögensverwalter und Testamentsvollstrecker (vgl. EuGH-Urteil vom 6. 12. 2008, Rs. C-401/06, EuGHE I S. 10609),

– Leistungen der Notare, soweit sie nicht Grundstücksgeschäfte beurkunden (vgl. Rz. 30 bis 32) oder nicht selbständige Beratungsleistungen an im Drittlandsgebiet ansässige Leistungsempfänger erbringen (vgl. Rz. 70),

– die in § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen, wenn der Leistungsempfänger innerhalb der EG ansässig ist (vgl. jedoch Rz. 107 bis 109),

– sonstige Leistungen im Rahmen einer Bestattung, soweit diese Leistungen als einheitliche Leistungen (vgl. Abschnitt 29 UStR) anzusehen sind (vgl. Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU 2005 Nr. L 288 S. 1),

– langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels (zur kurzfristigen Vermietung siehe § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG, vgl. Rz. 34 und 35; zum Begriff des Beförderungsmittels vgl. Rz. 36 und 37).

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(6) Zur Sonderregelung für den Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 6 UStG wird auf Rz. 107 bis 109 verwiesen.


2. Ort der sonstigen Leistung am Sitzort oder der Betriebsstätte des Leistungsempfängers bei Leistungen an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (§ 3a Abs. 2 UStG)

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(1) Voraussetzung für die Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG ist, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist und die Leistung für sein Unternehmern bezogen hat (vgl. im Einzelnen Rz. 14 bis 18) oder eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person ist, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist (einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person; vgl. Rz. 13). Der Leistungsort bestimmt sich nur dann nach § 3a Abs. 2 UStG, wenn kein Tatbestand des § 3a Abs. 3 Nrn. 1, 2 und 3 Buchstaben a und b, Abs. 6 Nr. 1 und 3 und Abs. 7 UStG, des § 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG, des § 3e UStG oder des § 3f UStG vorliegt.

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(2) Als Leistungsempfänger im umsatzsteuerrechtlichen Sinn ist grundsätzlich derjenige zu behandeln, in dessen Auftrag die Leistung ausgeführt wird (vgl. Abschn. 192 Abs. 16 UStR). Aus Vereinfachungsgründen ist bei steuerpflichtigen Güterbeförderungen, steuerpflichtigen selbständigen Nebenleistungen hierzu und bei der steuerpflichtigen Vermittlung der vorgenannten Leistungen, bei denen sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG richtet, der Rechnungsempfänger auch als Leistungsempfänger anzusehen.

Beispiel:

Der in Deutschland ansässige Unternehmer U versendet Güter per Frachtnachnahme an den Unternehmer D mit Sitz in Dänemark. Die Güterbeförderungsleistung ist für unternehmerische Zwecke des D bestimmt.

Bei Frachtnachnahmen wird regelmäßig vereinbart, dass der Beförderungsunternehmer die Beförderungskosten dem Empfänger der Sendung in Rechnung stellt und dieser die Beförderungskosten bezahlt. Der Rechnungsempfänger der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung ist als Empfänger der Beförderungsleistung und damit als Leistungsempfänger anzusehen, auch wenn er den Transportauftrag nicht unmittelbar erteilt hat.

Hierdurch wird erreicht, dass diese Leistungen in dem Staat besteuert werden, in dem der Rechnungsempfänger umsatzsteuerlich erfasst ist.

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(3) Nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt sich der Leistungsort maßgeblich nach dem Ort, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (vgl. § 21 AO). Ist dieser Ort bei natürlichen Personen nicht eindeutig bestimmbar, kommen als Leistungsort der Wohnsitz des Leistungsempfängers (§ 8 AO) oder der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) in Betracht. Bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ist der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) maßgeblich.

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(4) Die sonstige Leistung kann auch an eine Betriebsstätte des Leistungsempfängers ausgeführt werden (zum Begriff der Betriebsstätte vgl. Rz. 4). Dies ist der Fall, wenn die Leistung ausschließlich oder überwiegend für die Betriebsstätte bestimmt ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Auftrag von der Betriebsstätte aus an den leistenden Unternehmer erteilt wird, der die sonstige Leistung durchführt, z. B. Verleger, Werbeagentur, Werbungsmittler. Auch ist unerheblich, ob das Entgelt für die Leistung von der Betriebsstätte aus bezahlt wird.

Beispiel:

Ein Unternehmen mit Sitz im Inland unterhält im Ausland Betriebsstätten. Durch Aufnahme von Werbeanzeigen in ausländischen Zeitungen und Zeitschriften wird für die Betriebsstätten geworben. Die Anzeigenaufträge werden an ausländische Verleger durch eine inländische Werbeagentur im Auftrag des im Inland ansässigen Unternehmens erteilt.

Die ausländischen Verleger und die inländische Werbeagentur unterliegen mit ihren Leistungen für die im Ausland befindlichen Betriebsstätten nicht der deutschen Umsatzsteuer.

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(5) Bei Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften und bei Werbesendungen in Rundfunk und Fernsehen oder im Internet ist davon auszugehen, dass sie ausschließlich oder überwiegend für im Ausland belegene Betriebsstätten bestimmt und daher im Inland nicht steuerbar sind, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Es handelt sich um

a) fremdsprachige Zeitungen und Zeitschriften, um fremdsprachige Rundfunk- und Fernsehsendungen oder um fremdsprachige Internet-Seiten oder

b) deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften oder um deutschsprachige Rundfunk- und Fernsehsendungen, die überwiegend im Ausland verbreitet werden.

2. Die im Ausland belegenen Betriebsstätten sind in der Lage, die Leistungen zu erbringen, für die geworben wird.

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(6) Lässt sich nicht feststellen, dass eine sonstige Leistung ausschließlich oder überwiegend für eine Betriebsstätte eines Unternehmers bestimmt ist, gilt die Leistung an dem Ort als erbracht, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG). Bei einer einheitlichen sonstigen Leistung ist es nicht möglich, für einen Teil der Leistung den Ort der Betriebsstätte und für den anderen Teil den Sitz des Unternehmens als maßgebend anzusehen und die Leistung entsprechend aufzuteilen.

Ist die Zuordnung zu einer Betriebsstätte zweifelhaft und verwendet der Leistungsempfänger eine ihm von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr., kann davon ausgegangen werden, dass die Leistung für die im EU-Mitgliedstaat der verwendeten USt-IdNr. belegene Betriebsstätte bestimmt ist.

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(7) Unternehmern gleichgestellt werden nach § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG nicht unternehmerisch tätige juristische Personen. Hierunter fallen insbesondere juristische Personen des öffentlichen Rechts, aber auch juristische Personen, die nicht Unternehmer sind (z. B. eine Holding, die ausschließlich eine bloße Vermögensverwaltungstätigkeit ausübt). Voraussetzung ist aber, dass diesen juristischen Personen eine USt-IdNr. erteilt wurde, d. h. sie also für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst sind. Juristische Personen, denen eine USt-IdNr. erteilt worden ist, müssen diese gegenüber dem leistenden Unternehmer verwenden, damit dieser die Leistungsortregelung des § 3a Abs. 2 UStG anwenden kann. Verwendet die juristische Person als Leistungsempfänger keine USt-IdNr., hat der leistende Unternehmer nachzufragen, ob ihr eine solche Nummer erteilt worden ist.

Beispiel:

Der in Belgien ansässige Unternehmer U erbringt an eine juristische Person des öffentlichen Rechts J mit Sitz in Deutschland eine Beratungsleistung. J verwendet für diesen Umsatz keine USt-IdNr. Auf Nachfrage teilt J dem U mit, ihr sei keine USt-IdNr. erteilt worden.

Da J angegeben hat, ihr sei keine USt-IdNr. erteilt worden, kann U davon ausgehen, dass die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG nicht erfüllt sind. Der Ort der Beratungsleistung des U an J liegt in Belgien (§ 3a Abs. 1 UStG).

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(8) Voraussetzung für die Anwendung der Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG ist, dass die Leistung für den unternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers ausgeführt worden ist. Hierunter fallen auch Leistungen an einen Unternehmer, soweit diese Leistungen für die Erbringung von der Art nach nicht steuerbaren Umsätzen (z. B. Geschäftsveräußerungen im Ganzen) bestimmt sind.

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(9) § 3a Abs. 2 UStG regelt nicht, wie der leistende Unternehmer nachzuweisen hat, dass sein Leistungsempfänger Unternehmer ist, der die sonstige Leistung für den unternehmerischen Bereich bezieht. Entsprechend bleibt es dem leistenden Unternehmer überlassen, auf welche Weise er den entsprechenden Nachweis führt. Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber seinem Auftragnehmer eine ihm von einem Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr., kann dieser regelmäßig davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die Leistung für dessen unternehmerischen Bereich bezogen wird. Dies gilt auch dann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Leistung vom Leistungsempfänger tatsächlich für nicht unternehmerische Zwecke verwendet worden ist, wenn der leistende Unternehmer gem. § 18e UStG von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sich die Gültigkeit einer USt-IdNr. eines anderen EU-Mitgliedstaates sowie den Namen und die Anschrift der Person, der diese Nummer erteilt wurde, durch das BZSt bestätigen zu lassen.

Beispiel:

Der Schreiner S mit Sitz in Frankreich erneuert für den Unternehmer U mit Sitz in Freiburg einen Aktenschrank. U verwendet für diesen Umsatz seine deutsche USt-IdNr. Bei einer Betriebsprüfung stellt sich im Nachhinein heraus, dass U den Aktenschrank für seinen privaten Bereich verwendet.

Der Leistungsort für die Reparatur des Schranks ist nach § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland. Da U gegenüber S seine USt-IdNr. verwendet hat, gilt die Leistung als für das Unternehmen des U bezogen. Unbeachtlich ist, dass der Aktenschrank tatsächlich von U für nicht unternehmerische Zwecke verwendet wurde. U ist für die Leistung des S Steuerschuldner (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 UStG). U ist allerdings hinsichtlich der angemeldeten Steuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die Leistung nicht für unternehmerische Zwecke bestimmt ist.

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(10) Verwendet der Leistungsempfänger eine USt-IdNr., soll dies grundsätzlich vor Ausführung der Leistung erfolgen und in dem jeweiligen Auftragsdokument schriftlich festgehalten werden. Der Begriff „Verwendung“ einer USt-IdNr. setzt ein positives Tun des Leistungsempfängers, in der Regel bereits bei Vertragsabschluss, voraus. So kann z. B. auch bei mündlichem Abschluss eines Auftrags zur Erbringung einer sonstigen Leistung eine Erklärung über die Unternehmereigenschaft und den unternehmerischen Bezug durch Verwendung einer bestimmten USt-IdNr. abgegeben und dies vom Auftragnehmer aufgezeichnet werden. Es reicht ebenfalls aus, wenn bei der erstmaligen Erfassung der Stammdaten eines Leistungsempfängers zusammen mit der für diesen Zweck erfragten USt-IdNr. zur Feststellung der Unternehmereigenschaft und des unternehmerischen Bezugs zusätzlich eine Erklärung des Leistungsempfängers aufgenommen wird, dass diese USt-IdNr. bei allen künftigen – unternehmerischen – Einzelaufträgen verwendet werden soll. Eine im Briefkopf eingedruckte USt-IdNr. oder eine in einer Gutschrift des Leistungsempfängers formularmäßig eingedruckte USt-IdNr. reicht allein nicht aus, um die Unternehmereigenschaft und den unternehmerischen Bezug der zu erbringenden Leistung zu dokumentieren. Unschädlich ist es im Einzelfall, wenn der Leistungsempfänger eine USt-IdNr. erst nachträglich verwendet oder durch eine andere ersetzt. In diesem Fall muss ggf. die Besteuerung in dem einen EU-Mitgliedstaat rückgängig gemacht und in dem anderen EU-Mitgliedstaat nachgeholt und ggf. die abgegebene ZM berichtigt werden. In einer bereits erteilten Rechnung sind die USt-IdNr. des Leistungsempfängers (vgl. § 14a Abs. 1 UStG) und ggf. ein gesonderter Steuerausweis (vgl. § 14 Abs. 4 Nr. 8 und § 14c Abs. 1 UStG) zu berichtigen. Die nachträgliche Angabe oder Änderung einer USt-IdNr. als Nachweis der Unternehmereigenschaft und des unternehmerischen Bezugs ist der Umsatzsteuerfestsetzung nur zu Grunde zu legen, wenn die Steuerfestsetzung in der Bundesrepublik Deutschland noch änderbar ist.

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(11) Ist der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig, kann der Nachweis der Unternehmereigenschaft durch eine Bescheinigung einer Behörde des Sitzstaates geführt werden, in der diese bescheinigt, dass der Leistungsempfänger dort als Unternehmer erfasst ist. Die Bescheinigung sollte inhaltlich der Unternehmerbescheinigung nach § 61a Abs. 4 UStDV entsprechen (vgl. Abschnitt 242 Abs. 6 UStR).

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(12) Erbringt der leistende Unternehmer gegenüber einem im Drittlandsgebiet ansässigen Auftraggeber eine in § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG bezeichnete Leistung, muss der leistende Unternehmer grundsätzlich nicht prüfen, ob der Leistungsempfänger Unternehmer oder Nichtunternehmer ist, da der Leistungsort – unabhängig vom Status des Leistungsempfängers – im Drittlandsgebiet liegt (§ 3a Abs. 2 UStG oder § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG). Dies gilt nicht für die in § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 und 12 UStG bezeichneten Leistungen, bei denen die Nutzung oder Auswertung im Inland erfolgt, so dass der Leistungsort nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG im Inland liegen würde, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer wäre (vgl. Rz. 109).

Eine Prüfung der Unternehmereigenschaft entfällt auch bei Vermittlungsleistungen gegenüber einem im Drittlandsgebiet ansässigen Auftraggeber, wenn der Ort der vermittelten Leistung im Drittlandsgebiet liegt, da der Ort der Vermittlungsleistung – unabhängig vom Status des Leistungsempfängers – in solchen Fällen immer im Drittlandsgebiet liegt (§ 3a Abs. 2 UStG , § 3a Abs. 3 Nr. 1 oder 4 UStG).

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(13) Bei Leistungsbezügen juristischer Personen, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch tätig sind, kommt es für die Frage der Ortsbestimmung darauf an, ob die Leistung für das Unternehmen ausgeführt worden ist. § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG findet in diesen Fällen keine Anwendung. Soweit inländische und ausländische Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander entgeltliche sonstige Leistungen ausführen, gelten hinsichtlich der Umsatzbesteuerung solcher zwischenstaatlicher Leistungen deshalb die allgemeinen Regelungen zum Leistungsort. Der Leistungsort bestimmt sich bei zwischenstaatlichen Leistungen der Rundfunkanstalten nach § 3a Abs. 2 UStG, wenn die die Leistung empfangende Rundfunkanstalt

– Unternehmer ist und die Leistung für den unternehmerischen Bereich bezogen wurde oder

– eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person ist (siehe Rz. 7).

Ist die Rundfunkanstalt weder ein Unternehmer noch eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person, richtet sich der Leistungsort grundsätzlich nach § 3a Abs. 1 UStG. Bei den in Satz 2 genannten Fällen ist die inländische Rundfunkanstalt als Leistungsempfänger Steuerschuldner (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 UStG). Die Sätze 1 bis 4 sind entsprechend anzuwenden, wenn an den zwischenstaatlichen Leistungen eine andere ausländische Rundfunkorganisation, z. B. die European Broadcasting Union (EBU), beteiligt ist.

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(14) Grundsätzlich fallen unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 2 UStG alle sonstigen Leistungen an einen Unternehmer, soweit sich nicht aus § 3a Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3 Buchstaben a und b, Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und 3 und Abs. 7, § 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 3e und 3f UStG eine andere Ortsregelung ergibt. Zu den sonstigen Leistungen, die ab dem 1. Januar 2010 unter die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 UStG fallen, sind insbesondere zu nennen:

– Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegen-stände,

– alle Vermittlungsleistungen, soweit diese nicht unter § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG fallen,

– Leistungen, die in § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG genannt sind,

– die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,

– Güterbeförderungen, einschließlich innergemeinschaftlicher Güterbeförderungen sowie der Vor- und Nachläufe zu innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen (Beförderungen eines Gegenstands, die in dem Gebiet desselben Mitgliedstaats beginnt und endet, wenn diese Beförderung unmittelbar einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung vorangeht oder folgt),

– das Beladen, Entladen, Umschlagen und ähnliche mit einer Güterbeförderung im Zusammenhang stehende selbständige Leistungen.

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(15) Wird eine Güterbeförderungsleistung tatsächlich ausschließlich im Drittlandsgebiet erbracht und ist der Leistungsort für diese Leistung unter Anwendung von § 3a Abs. 2 UStG im Inland, wird es nicht beanstandet, wenn der Leistungsempfänger den Umsatz nicht der Umsatzbesteuerung in Deutschland unterwirft.

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(16) Wird ein Gegenstand im Zusammenhang mit einer Ausfuhr oder einer Einfuhr grenzüberschreitend befördert und ist der Leistungsort für diese Leistung unter Anwendung von § 3a Abs. 2 UStG im Inland, ist dieser Umsatz unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 UStG steuerfrei (§ 4 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a UStG), auch wenn bei dieser Beförderung das Inland nicht berührt wird.

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(17) Nicht unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 2 UStG fallen folgende sonstigen Leistungen:

– Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG, vgl. Rz. 24 bis 33),

– die kurzfristige Vermietung von Beförderungsmitteln (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 7 UStG; vgl. Rz. 34 und 35 sowie 110),

– kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG; vgl. Rz. 40 bis 45),

– die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistungen) nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b UStG (vgl. Rz. 46 und 47) und nach § 3e UStG (vgl. Rz. 138),

– Personenbeförderungen (§ 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG).


3. Ort der sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG)

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(1) § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG gilt sowohl für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7).

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(2) Für den Ort einer sonstigen Leistung – einschließlich Werkleistung – im Zusammenhang mit einem Grundstück ist die Lage des Grundstücks entscheidend. Als Grundstück im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG ist auch der Meeresboden anzusehen. Zu einem Grundstück gehören auch dessen wesentliche Bestandteile (§ 94 BGB), selbst wenn sie ertragsteuerlich selbständige Wirtschaftsgüter sind. Auch sonstige Leistungen an Scheinbestandteilen (§ 95 BGB) stehen im Zusammenhang mit einem Grundstück. Dies gilt jedoch nicht für sonstige Leistungen am Zubehör (§ 97 BGB).

Beispiel:

Ein Industrieunternehmer hat anderen Unternehmern übertragen: die Pflege der Grünflächen des Betriebsgrundstücks, die Gebäudereinigung, die Wartung der Heizungsanlage und die Pflege und Wartung der Aufzugsanlagen.

Es handelt sich in allen Fällen um sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit einem Grundstück stehen.

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(3) Die sonstige Leistung muss in engem Zusammenhang mit dem Grundstück stehen. Ein enger Zusammenhang ist gegeben, wenn sich die sonstige Leistung nach den tatsächlichen Umständen überwiegend auf die Bebauung, Verwertung, Nutzung oder Unterhaltung des Grundstücks selbst bezieht.

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(4) Zu den in § 4 Nr. 12 UStG der Art nach bezeichneten sonstigen Leistungen (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG), gehört die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken. Die Begriffe Vermietung und Verpachtung sind grundsätzlich nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, ob die Vermietungs- oder Verpachtungsleistung nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist. Auch die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer bereithält, um kurzfristig Fremde zu beherbergen, die Vermietung von Plätzen, um Fahrzeuge abzustellen, die Überlassung von Wasser- und Bootsliegeplätzen für Sportboote (vgl. BFH-Urteil vom 8. 10. 1991, V R 46/88, BStBl 1992 II S. 368), die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen, die entgeltliche Unterbringung auf einem Schiff, das für längere Zeit auf einem Liegeplatz befestigt ist (vgl. BFH-Urteil vom 7. 3. 1996, V R 29/95, BStBl II S. 341), die Überlassung von Wochenmarkt-Standplätzen an Markthändler (vgl. BFH-Urteil vom 24. 1. 2008, V R 12/05, BStBl 2009 II S. 60) und die Überlassung von Räumlichkeiten für Aufnahme- und Sendezwecke von inländischen und ausländischen Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander fallen unter § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG. Das gilt auch für die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, wenn sie wesentliche Bestandteile oder Scheinbestandteile eines Grundstücks sind. Zum Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vgl. im Einzelnen Abschn. 76 UStR.

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(5) Die Überlassung von Camping-, Park- und Bootsliegeplätzen steht auch dann im Zusammenhang mit einem Grundstück, wenn sie nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 4. 12. 1980, V R 60/79, BStBl 1981 II S. 231, bürgerlich-rechtlich nicht auf einem Mietvertrag beruht. Vermieten Unternehmer Wohnwagen, die auf Campingplätzen aufgestellt sind und ausschließlich zum stationären Gebrauch als Wohnung überlassen werden, ist die Vermietung als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück anzusehen (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Wohnwagen nicht fest mit dem Grund und Boden verbunden sind und deshalb auch als Beförderungsmittel verwendet werden

könnten. Maßgebend ist nicht die abstrakte Eignung eines Gegenstandes als Beförderungsmittel. Entscheidend ist, dass die Wohnwagen nach dem Inhalt der abgeschlossenen Mietverträge nicht als Beförderungsmittel, sondern zum stationären Gebrauch als Wohnungen überlassen werden. Das gilt ferner in den Fällen, in denen die Vermietung der Wohnwagen nicht die Überlassung des jeweiligen Standplatzes umfasst und die Mieter deshalb über die Standplätze besondere Verträge mit den Inhabern der Campingplätze abschließen müssen.

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(6) Zu den Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art zählen auch die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrages oder Vorvertrages (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe b UStG) sowie die Bestellung und Veräußerung von Dauerwohnrechten und Dauernutzungsrechten (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe c UStG).

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(7) Zu den sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe b UStG) gehören die sonstigen Leistungen der Grundstücksmakler und Grundstückssachverständigen sowie der Notare bei der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen und anderen Verträgen, die auf die Veränderung von Rechten an einem Grundstück gerichtet sind und deshalb zwingend einer notariellen Beurkundung bedürfen, z. B. Bestellung einer Grundschuld. Bei selbständigen Beratungsleistungen der Notare, die nicht im Zusammenhang mit der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen und Grundstücksrechten stehen, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Sätze 1 und 2 Nr. 3 UStG.

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(8) Zu den sonstigen Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung oder der Ausführung von Bauleistungen dienen (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe c UStG), gehören z. B. die Leistungen der Architekten, Bauingenieure, Vermessungsingenieure, Bauträgergesellschaften, Sanierungsträger sowie der Unternehmer, die Abbruch- und Erdarbeiten ausführen. Dazu gehören ferner Leistungen zum Aufsuchen oder Gewinnen von Bodenschätzen. In Betracht kommen Leistungen aller Art, die sonstige Leistungen sind. Die Vorschrift erfasst auch die Begutachtung von Grundstücken.

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(9) Im engen Zusammenhang mit einem Grundstück stehen auch die Einräumung dinglicher Rechte, z. B. dinglicher Nießbrauch, Dienstbarkeiten, Erbbaurechte, sowie sonstige Leistungen, die dabei ausgeführt werden, z. B. Beurkundungsleistungen eines Notars. Unter die Vorschrift fällt ferner die Vermittlung von Vermietungen von Grundstücken, Wohnungen, Ferienhäusern, Hotelzimmern.

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(10) Nicht im engen Zusammenhang mit einem Grundstück stehen folgende Leistungen, sofern sie selbständige Leistungen sind:

1. der Verkauf von Anteilen und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Grundstücksgesellschaften;

2. die Veröffentlichung von Immobilienanzeigen, z. B. durch Zeitungen;

3. die Finanzierung und Finanzierungsberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks und dessen Bebauung;

4. die Rechts- und Steuerberatung in Grundstückssachen.


4. Ort der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG)

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(1) Die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG gilt für die kurzfristige Vermietungsleistung von Beförderungsmitteln sowohl an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7). Zum Ort der kurzfristigen Fahrzeugvermietung zur Nutzung im Drittlandsgebiet vgl. Rz. 110.

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(2) Der Ort bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels ist regelmäßig der Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, das ist der Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger übergeben wird. Eine kurzfristige Vermietung liegt vor, wenn die Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen und von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln erfolgt.

Beispiel:

Das Bootsvermietungsunternehmen B mit Sitz in Düsseldorf vermietet an den Unternehmer U eine Yacht für drei Wochen. Die Übergabe der Yacht erfolgt an der Betriebsstätte des B in einem italienischen Adriahafen.

Der Leistungsort für die Vermietungsleistung des B an U ist in Italien, dem Ort, an dem das vermietete Boot tatsächlich von B an U übergeben wird.

Die Dauer der Vermietung richtet sich nicht nach der vertraglichen Vereinbarung, sondern nach der tatsächlichen Dauer der Nutzungsüberlassung. Wird ein Fahrzeug mehrfach unmittelbar hintereinander für einen Zeitraum vermietet, liegt eine kurzfristige Vermietung nur dann vor, wenn der ununterbrochene Vermietungszeitraum von nicht mehr als 90 Tagen bzw. 30 Tagen insgesamt nicht überschritten wird.

36

(3) Als Beförderungsmittel sind Gegenstände anzusehen, deren Hauptzweck auf die Beförde-rung von Personen und Gütern zu Lande, zu Wasser oder in der Luft gerichtet ist und die sich auch tatsächlich fortbewegen. Zu den Beförderungsmitteln gehören auch Auflieger, Sattel-anhänger, Fahrzeuganhänger, Eisenbahnwaggons, Elektro-Caddywagen, Transportbeton-

mischer, Segelboote, Ruderboote, Paddelboote, Motorboote, Sportflugzeuge, Segelflugzeuge, Wohnmobile, Wohnwagen (vgl. jedoch Rz. 28). Keine Beförderungsmittel sind z. B. Bagger, Planierraupen, Bergungskräne, Schwertransportkräne, Transportbänder, Gabelstapler, Elektrokarren, Rohrleitungen, Ladekräne, Schwimmkräne, Schwimmrammen, Container, militärische Kampffahrzeuge, z. B. Kriegsschiffe – ausgenommen Versorgungsfahrzeuge –, Kampfflugzeuge, Panzer. Unabhängig hiervon kann jedoch mit diesen Gegenständen eine Beförderungsleistung ausgeführt werden. Als Vermietung von Beförderungsmitteln gilt auch die Überlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen durch Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer zur privaten Nutzung sowie die Überlassung eines Rundfunk- oder Fernsehübertragungs-wagens oder eines sonstigen Beförderungsmittels inländischer und ausländischer Rundfunk-anstalten des öffentlichen Rechts untereinander.

37

(4) Wird eine Segel- oder Motoryacht oder ein Luftfahrzeug ohne Besatzung verchartert, ist eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. Bei einer Vercharterung mit Besatzung ohne im Chartervertrag festgelegte Reiseroute ist ebenfalls eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. Das gilt auch, wenn die Yacht oder das Luftfahrzeug mit Besatzung an eine geschlossene Gruppe vermietet wird, die mit dem Vercharterer vorher die Reiseroute festgelegt hat, diese Reiseroute aber im Verlauf der Reise ändern oder in anderer Weise auf den Ablauf der Reise Einfluss nehmen kann. Eine Beförderungsleistung ist dagegen anzunehmen, wenn nach dem Chartervertrag eine bestimmte Beförderung geschuldet wird und der Unternehmer diese unter eigener Verantwortung vornimmt, z. B. bei einer vom Vercharterer organisierten Rundreise mit Teilnehmern, die auf Ablauf und nähere Ausgestaltung der Reise keinen Einfluss haben.

38

(6) Werden Beförderungsmittel langfristig vermietet, bestimmt sich der Leistungsort bei der Vermietung an Nichtunternehmer nach § 3a Abs. 1 oder § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 UStG und bei der Vermietung an Unternehmer für deren Unternehmen oder an eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) nach § 3a Abs. 2 UStG.

Beispiel:

Ein kanadischer Staatsbürger tritt eine private Europareise in München an und mietet ein Kraftfahrzeug bei einem Unternehmer mit Sitz in München für vier Monate. Das Fahrzeug soll sowohl im Inland als auch im Ausland genutzt werden.

Es handelt sich nicht um eine kurzfristige Vermietung. Der Leistungsort ist deshalb nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen. Die Vermietung des Kraftfahrzeugs durch einen im Inland ansässigen Unternehmer ist insgesamt im Inland steuerbar, auch wenn das vermietete Beförderungsmittel während der Vermietung im Ausland genutzt wird.


5. Ort der Tätigkeit (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 UStG)

39

(1) Die Regelung des § 3a Abs. 3 Nr. 3 UStG gilt nur für sonstige Leistungen, die in einem positiven Tun bestehen. Bei diesen Leistungen bestimmt sich der Leistungsort nach dem Ort, an dem die sonstige Leistung tatsächlich bewirkt wird (vgl. EuGH-Urteil vom 9. 3. 2006, C-114/05, EuGHE I S. 2427). Der Ort, an dem der Erfolg eintritt oder die sonstige Leistung sich auswirkt, ist ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 4. 4. 1974, V R 161/72, BStBl II S. 532). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wo der Unternehmer, z. B. Künstler, im Rahmen seiner Gesamttätigkeit überwiegend tätig wird; vielmehr ist der jeweilige Umsatz zu betrachten. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer im Rahmen einer Veranstaltung tätig wird.



L e i s t u n g e n n a c h § 3 a Abs. 3 Nr. 3 B u c h s t a b e a U S t G

40

(2) § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG gilt sowohl für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7).

41

(3) Leistungen, die im Zusammenhang mit Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG unerlässlich sind, werden an dem Ort erbracht, an dem diese Leistungen tatsächlich bewirkt werden. Hierzu können auch tontechnische Leistungen im Zusammenhang mit künstlerischen oder unterhaltenden Leistungen gehören (EuGH-Urteil vom 26. 9. 1996, C-327/94, EuGHE I 1996 S. 4595, BStBl 1998 II S. 313).

42

(4) Bei in § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG aufgeführten Leistungen – insbesondere den künstlerischen und wissenschaftlichen Leistungen – ist zu beachten, dass sich im Falle der Übertragung von Nutzungsrechten an Urheberrechten und ähnlichen Rechten (vgl. hierzu Rz. 60 und 61 sowie Abschnitt 168 UStR) der Leistungsort nicht nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG richtet. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person ist (vgl. Rz. 7 bis 23). Ist in derartigen Fällen der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. Rz. 1 bis 6) oder nach § 3a Abs. 4 Sätze 1 und 2 Nr. 1 UStG (vgl. Rz. 60 und 61).

Beispiel:

Ein Sänger gibt auf Grund eines Vertrags mit einer Konzertagentur ein Konzert im Inland. Auf Grund eines anderen Vertrags mit dem Sänger zeichnet eine ausländische Schallplattengesellschaft das Konzert auf.

Der Ort der Leistung für das Konzert befindet sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG im Inland, da es sich um eine künstlerische Leistung handelt. Mit der Aufzeichnung des Konzerts für eine Schallplattenproduktion überträgt der Sänger Nutzungsrechte an seinem Urheberrecht (vgl. BFH-Urteil vom 22. 3. 1979, V R 128/70, BStBl II S. 598). Für den Ort dieser Leistung ist § 3a Abs. 2 UStG maßgeblich.

43

(5) Die Frage, ob bei einem wissenschaftlichen Gutachten eine wissenschaftliche Leistung nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG oder eine Beratungsleistung vorliegt, ist nach dem Zweck zu beurteilen, den der Auftraggeber mit dem von ihm bestellten Gutachten verfolgt. Eine wissenschaftliche Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG setzt voraus, dass das erstellte Gutachten nicht auf Beratung des Auftraggebers gerichtet ist; dies ist der Fall, wenn das Gutachten nach seinem Zweck keine konkrete Entscheidungshilfe für den Auftraggeber darstellt. Soll das Gutachten dem Auftraggeber dagegen als Entscheidungshilfe für die Lösung konkreter technischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Fragen dienen, liegt eine Beratungsleistung vor. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG.

Beispiel 1:

Ein Hochschullehrer hält im Auftrag eines Verbandes auf einem Fachkongress einer juristischen Person des öffentlichen Rechts einen Vortrag. Inhalt des Vortrags ist die Mitteilung und Erläuterung der von ihm auf seinem Forschungsgebiet, z. B. Maschinenbau, gefundenen Ergebnisse. Zugleich händigt der Hochschullehrer allen Teilnehmern ein Manuskript seines Vortrags aus. Vortrag und Manuskript haben nach Inhalt und Form den Charakter eines wissenschaftlichen Gutachtens. Sie sollen allen Teilnehmern des Fachkongresses zur Erweiterung ihrer beruflichen Kenntnisse dienen.

Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG.

Beispiel 2:

Ein Wirtschaftsforschungsunternehmen erhält von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, die nicht unternehmerisch tätig und der keine USt-IdNr. erteilt worden ist, den Auftrag, in Form eines Gutachtens Struktur- und Standortanalysen für die Errichtung von Gewerbebetrieben zu erstellen.

Auch wenn das Gutachten nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist, handelt es sich um eine Beratung, da das Gutachten zur Lösung konkreter wirtschaftlicher Fragen verwendet werden soll. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG.

44

(6) Eine sonstige Leistung, die darin besteht, der Allgemeinheit gegen Entgelt die Benutzung von Geldspielautomaten zu ermöglichen, die in Spielhallen aufgestellt sind, ist als unterhaltende oder ähnliche Tätigkeit nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG anzusehen (vgl. EuGH-Urteil vom 12. 5. 2005, C-452/03, EuGHE I S. 3947). Für die Benutzung von Geldspielautomaten außerhalb von Spielhallen richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. EuGH-Urteil vom 4. 7. 1985, 168/84, EuGHE S. 2251).

45

Zum Ort der sonstigen Leistung bei Messen und Ausstellungen vgl. Rz. 51 bis 56.


L e i s t u n g e n n a c h § 3a A b s 3 N r. 3 B u c h s t a b e b U S t G

46

(7) § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b UStG gilt sowohl für sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7).

47

(8) Bei der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung) richtet sich der Leistungsort nach dem Ort, an dem diese Leistung tatsächlich erbracht wird (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b UStG). Die Restaurationsleistung muss aber als sonstige Leistung anzusehen sein; zur Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bei der Abgabe von Speisen und Getränken wird auf das BMF-Schreiben vom 16. 10. 2008 (BStBl I S. 949) verwiesen. Die Ortsregelung gilt nicht für Restaurationsleistungen an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet. In diesen Fällen bestimmt sich der Leistungsort nach § 3e UStG (vgl. Rz. 138).


L e i s t u n g e n n a c h § 3a A b s. 3 N r. 3 B u c h s t a b e c U S t G

48

(9) Bei Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und bei der Begutachtung dieser Gegenstände für Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) bestimmt sich der Leistungsort nach dem Ort, an dem der Unternehmer tatsächlich die Leistung ausführt (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c UStG). Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder eine gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7), richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Rz. 7 bis 23).

49

(10) Als Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen sind insbesondere Werkleistungen (§ 3 Abs. 10 UStG) in Gestalt der Bearbeitung oder Verarbeitung von beweglichen körperlichen Gegenständen anzusehen. Hierzu ist grundsätzlich eine Veränderung des beweglichen Gegenstandes erforderlich. Wartungsleistungen an Anlagen, Maschinen und Kraftfahrzeugen können als Werkleistungen angesehen werden. Verwendet der Unternehmer bei der Be- oder Verarbeitung eines Gegenstandes selbstbeschaffte Stoffe, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind, ist keine Werkleistung, sondern eine Werklieferung gegeben (§ 3 Abs. 4 UStG). Baut der leistende Unternehmer die ihm vom Leistungsempfänger sämtlich zur Verfügung gestellten Teile einer Maschine nur zusammen und wird die zusammengebaute Maschine nicht Bestandteil eines Grundstücks, bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c UStG (vgl. Artikel 3 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU 2005 Nr. L 288 S. 1), wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist.

50

(11) Bei der Begutachtung beweglicher körperlicher Gegenstände durch Sachverständige hat § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c UStG Vorrang vor § 3a Abs. 4 Satz 1 und 2 Nr. 3 UStG. Wegen der Leistungen von Handelschemikern vgl. Rz. 71 Satz 3.


6. Ort der sonstigen Leistung bei Messen und Ausstellungen

S o n s t i g e L e i s t u n g e n d e r V e r a n s t a l t e r v o n M e s s e n u n d A u s s t e l l u n g e n a n d i e A u s s t e l l e r

51

(1) Bei der Überlassung von Standflächen auf Messen und Ausstellungen durch die Veranstalter an die Aussteller handelt es sich um sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück. Diese Leistungen werden im Rahmen eines Vertrages besonderer Art (vgl. Abschnitt 81 Abs. 2 Nr. 1 UStR) dort ausgeführt, wo die Standflächen liegen (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Dies gilt entsprechend für folgende Leistungen der Veranstalter an die Aussteller:

1. Überlassung von Räumen und ihren Einrichtungen auf dem Messegelände für Informationsveranstaltungen einschließlich der üblichen Nebenleistungen;

2. Überlassung von Parkplätzen auf dem Messegelände.

Als Messegelände sind auch örtlich getrennte Kongresszentren anzusehen. Übliche Nebenleistungen sind z. B. die Überlassung von Mikrofonanlagen und Simultandolmetscheranlagen sowie Bestuhlungsdienste, Garderobendienste und Hinweisdienste.

52

(2) In der Regel erbringen die Veranstalter neben der Überlassung von Standflächen usw. eine Reihe weiterer Leistungen an die Aussteller. Es kann sich insbesondere um folgende sonstige Leistungen der Veranstalter handeln:

1. Technische Versorgung der überlassenen Stände. Hierzu gehören z. B.

a) Herstellung der Anschlüsse für Strom, Gas, Wasser, Wärme, Druckluft, Telefon, Telex, Internetzugang und Lautsprecheranlagen,

b) die Abgabe von Energie, z. B. Strom, Gas, Wasser und Druckluft, wenn diese Leistungen umsatzsteuerrechtlich Nebenleistungen zur Hauptleistung der Überlassung der Standflächen darstellen;

2. Planung, Gestaltung sowie Aufbau, Umbau und Abbau von Ständen. Unter die „Planung“ fallen insbesondere Architektenleistungen, z. B. Anfertigung des Entwurfs für einen Stand. Zur „Gestaltung“ zählt z. B. die Leistung eines Gartengestalters oder eines Beleuchtungsfachmannes;

3. Überlassung von Standbauteilen und Einrichtungsgegenständen, einschließlich Miet-System-Ständen;

4. Standbetreuung und Standbewachung;

5. Reinigung von Ständen;

6. Überlassung von Garderoben und Schließfächern auf dem Messegelände;

7. Überlassung von Eintrittsausweisen einschließlich Eintrittskarten;

8. Überlassung von Telefonapparaten, Telefaxgeräten und sonstigen Kommunikations-mitteln zur Nutzung durch die Aussteller;

9. Überlassung von Informationssystemen, z. B. von Bildschirmgeräten oder Lautsprecher-anlagen, mit deren Hilfe die Besucher der Messen und Ausstellungen unterrichtet werden sollen;

10. Schreibdienste und ähnliche sonstige Leistungen auf dem Messegelände;

11. Beförderung und Lagerung von Ausstellungsgegenständen wie Exponaten und Standausrüstungen;

12. Übersetzungsdienste;

13. Eintragungen in Messekatalogen, Aufnahme von Werbeanzeigen usw. in Messekatalogen, Zeitungen, Zeitschriften usw., Anbringen von Werbeplakaten, Verteilung von Werbeprospekten und ähnliche Werbemaßnahmen.

Handelt es sich um eine einheitliche Leistung (vgl. Abschnitt 29 UStR), ist diese sonstige Leistung als ähnliche Tätigkeit nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG anzusehen (vgl. EuGH-Urteil vom 9. 3. 2006, C-114/05, EuGHE I S. 2427).

53

(3) Werden die in Rz 52 Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen als selbständige Leistungen einzeln erbracht, gilt Folgendes:

1. Die in Rz. 52 Satz 2 Nr. 1 bis 7 bezeichneten Leistungen fallen unter § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG. Wegen der sonstigen Leistungen, die die Planung und den Aufbau eines Messestandes betreffen, vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 24. 11. 1994, V R 30/92, BStBl 1995 II S. 151.

2. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 8 bezeichneten Telekommunikationsleistungen. richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Sätze 1 und 2 Nr. 11 UStG.

3. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 9 und 10 bezeichneten sonstigen Leistungen richtet sich nach § 3a Abs. 1 oder 2 UStG.

4. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 11 bezeichneten Beförderungsleistungen richtet sich nach § 3a Abs. 2, § 3b Abs. 1 oder 3 UStG.

5. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 11 bezeichneten Lagerung von Ausstellungsgegenständen richtet sich nach § 3a Abs. 2 oder § 3b Abs. 2 UStG.

6. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 12 bezeichneten Übersetzungsleistungen richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Sätze 1 und 2 Nr. 3 UStG.

7. Der Leistungsort der in Rz. 52 Satz 2 Nr. 13 bezeichneten Werbeleistungen richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Sätze 1 und 2 Nr. 2 UStG.


S o n s t i g e L e i s t u n g e n a u s l ä n d i s c h e r D u r c h f ü h r u n g s g e s e l l s c h a f t e n

54

(4) Im Rahmen von Messen und Ausstellungen werden auch Gemeinschaftsausstellungen durchgeführt, z. B. von Ausstellern, die in demselben ausländischen Staat ansässig sind. Vielfach ist in diesen Fällen zwischen dem Veranstalter und den Ausstellern ein Unternehmen eingeschaltet, das im eigenen Namen die Gemeinschaftsausstellung organisiert (sog. Durchführungsgesellschaft). In diesen Fällen erbringt der Veranstalter die in den Rz. 48 und 49 bezeichneten sonstigen Leistungen an die zwischengeschaltete Durchführungsgesellschaft. Diese erbringt die sonstigen Leistungen an die an der Gemeinschaftsausstellung beteiligten Aussteller. Für die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen der Durchführungsgesellschaft gelten die Ausführungen in den Rz. 51 bis 53 entsprechend. Zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Leistungen im Ausland ansässiger Durchführungsgesellschaften vgl. Abschnitt 182a Abs. 27 UStR.

55

(5) Einige ausländische Staaten beauftragen mit der Organisation von Gemeinschaftsausstellungen keine Durchführungsgesellschaft, sondern eine staatliche Stelle, z. B. ein Ministerium. Im Inland werden die ausländischen staatlichen Stellen vielfach von den Botschaften oder Konsulaten der betreffenden ausländischen Staaten vertreten. Im Übrigen werden Gemeinschaftsausstellungen entsprechend den Ausführungen in Rz. 54 durchgeführt. Hierbei erheben die ausländischen staatlichen Stellen von den einzelnen Ausstellern ihres Landes Entgelte, die sich in der Regel nach der beanspruchten Ausstellungsfläche richten. Bei dieser Gestaltung sind die ausländischen staatlichen Stellen als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG anzusehen. Die Ausführungen in Rz. 51 gelten deshalb für die ausländischen staatlichen Stellen entsprechend.


Sonstige Leistungen anderer Unternehmer

56

(6) Erbringen andere Unternehmer als die Veranstalter einzelne der in Rz. 52 bezeichneten sonstigen Leistungen an die Aussteller oder an Durchführungsgesellschaften, gilt Rz. 53 entsprechend.


7. Ort der Vermittlungsleistung (§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG)

57

(1) Der Leistungsort einer Vermittlungsleistung bestimmt sich nur bei Leistungen an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG. Bei Leistungen an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Rz. 7 bis 23), bei der Vermittlung von Vermietungen von Grundstücken, Wohnungen, Ferienhäusern und Hotelzimmern nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG.

58

(2) Die Vermittlung einer nicht steuerbaren Leistung zwischen Nichtunternehmern wird an dem Ort erbracht, an dem die vermittelte Leistung ausgeführt wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27. 5. 2004, C-68/03, EuGHE I S. 5879).


8. Ort der in § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen

59

Bei der Bestimmung des Leistungsorts für die in § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG bezeichneten Leistungen sind folgende Fälle zu unterscheiden:

1. Ist der Empfänger der sonstigen Leistungen ein Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz außerhalb des Gemeinschaftsgebiets (vgl. Abschnitt 13a Abs. 1 UStR) wird die sonstige Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat (§ 3a Abs. 4 Satz 1 UStG).

2. Ist der Empfänger der sonstigen Leistung ein Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz innerhalb des Gemeinschaftsgebiets (vgl. Abschnitt 13a Abs. 1 UStR), wird die sonstige Leistung dort ausgeführt, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Insoweit verbleibt es bei der Regelung des § 3a Abs. 1 UStG (vgl. jedoch § 3a Abs. 5 UStG sowie § 3a Abs. 6 UStG und Rz. 107 bis 109).

3. Ist der Empfänger der sonstigen Leistung ein Unternehmer oder eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7), wird die sonstige Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt bzw. die juristische Person ihren Sitz hat (§ 3a Abs. 2 UStG; vgl. Rz. 7 bis 23).


9. Leistungskatalog des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 10 UStG

Patente, Urheberrechte, Markenrechte

60

(1) Sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG ergeben sich u. a. auf Grund folgender Gesetze:

1. Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte;

2. Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten;

3. Patentgesetz;

4. Markenrechtsreformgesetz;

5. Gesetz über das Verlagsrecht;

6. Gebrauchsmustergesetz.

61

(2) Hinsichtlich der Leistungen auf dem Gebiet des Urheberrechts vgl. Rz. 42. Außerdem sind die Ausführungen in Abschnitt 168 UStR zu beachten. Bei der Auftragsproduktion von Filmen wird auf die Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung hingewiesen (BFH-Urteil vom 19. 2. 1976, V R 92/74, BStBl II S. 515).

Die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten (vgl. Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU Nr. L 288 S. 1) und die Freigabe eines Berufsfußballspielers gegen Ablösezahlung sind als ähnliche Rechte im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG anzusehen.

Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Werbungsmittler, Werbeagenturen

62

(3) Unter dem Begriff „Leistungen, die der Werbung dienen“ im Sinne von § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 UStG sind die Leistungen zu verstehen, die bei den Werbeadressaten den Entschluss zum Erwerb von Gegenständen oder zur Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen auslösen sollen (vgl. BFH-Urteil vom 24. 9. 1987, V R 105/77, BStBl 1988 II S. 303). Unter den Begriff fallen auch die Leistungen, die bei den Werbeadressaten ein bestimmtes außerwirtschaftliches, z. B. politisches, soziales, religiöses Verhalten herbeiführen sollen. Es ist nicht erforderlich, dass die Leistungen üblicherweise und ausschließlich der Werbung dienen.

63

(4) Zu den Leistungen, die der Werbung dienen, gehören insbesondere:

1. die W e r b e b e r a t u n g. Hierbei handelt es sich um die Unterrichtung über die Möglichkeiten der Werbung;

2. die W e r b e v o r b e r e i t u n g u n d d i e W e r b e p l a n u n g. Dabei handelt es sich um die Erforschung und Planung der Grundlagen für einen Werbeeinsatz, z. B. die Markterkundung, die Verbraucheranalyse, die Erforschung von Konsumgewohnheiten, die Entwicklung einer Marktstrategie und die Entwicklung von Werbekonzeptionen;

3. die W e r b e g e s t a l t u n g. Hierzu zählen die graphische Arbeit, die Abfassung von Werbetexten und die vorbereitenden Arbeiten für die Film-, Funk- und Fernsehproduktion;

4. die W e r b e m i t t e l h e r s t e l l u n g. Hierzu gehört die Herstellung oder Beschaffung der Unterlagen, die für die Werbung notwendig sind, z. B. Reinzeichnungen und Tiefdruckvorlagen für Anzeigen, Prospekte, Plakate usw., Druckstöcke, Bild- und Tonträger, einschließlich der Überwachung der Herstellungsvorgänge;

5. die W e r b e m i t t l u n g (vgl. Rz. 66). Der Begriff umfasst die Auftragsabwicklung in dem Bereich, in dem die Werbeeinsätze erfolgen sollen, z. B. die Erteilung von Anzeigenaufträgen an die Verleger von Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und Adressbüchern sowie die Erteilung von Werbeaufträgen an Funk- und Fernsehanstalten und an sonstige Unternehmer, die Werbung durchführen;

6. die D u r c h f ü h r u n g v o n W e r b u n g. Hierzu gehören insbesondere die Aufnahmen von Werbeanzeigen in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern, auf Bild- und Tonträgern und in Adressbüchern, die sonstige Adresswerbung, z. B. Zusatzeintragungen oder hervorgehobene Eintragungen, die Beiheftung, Beifügung oder Verteilung von Prospekten oder sonstige Formen der Direktwerbung, das Anbringen von Werbeplakaten

und Werbetexten an Werbeflächen, Verkehrsmitteln usw., das Abspielen von Werbefilmen in Filmtheatern oder die Ausstrahlung von Werbesendungen im Fernsehen oder Rundfunk.

64

(5) Zeitungsanzeigen von Unternehmern, die Stellenangebote enthalten, ausgenommen Chiffreanzeigen, und sog. Finanzanzeigen, z. B. Veröffentlichung von Bilanzen, Emissionen, Börsenzulassungsprospekten usw., sind Werbeleistungen. Zeitungsanzeigen von Nichtunternehmern, z. B. Stellengesuche, Stellenangebote von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Familienanzeigen, Kleinanzeigen, sind dagegen als nicht der Werbung dienend anzusehen.

65

(6) Unter Leistungen, die der Öffentlichkeitsarbeit dienen, sind die Leistungen zu verstehen, durch die Verständnis, Wohlwollen und Vertrauen erreicht oder erhalten werden sollen. Es handelt sich hierbei in der Regel um die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Zielsetzungen, Leistungen und die soziale Aufgeschlossenheit staatlicher oder privater Stellen. Die Ausführungen in den Rz. 59 und 60 gelten entsprechend.

66

(7) Werbungsmittler ist, wer Unternehmern, die Werbung für andere durchführen, Werbeaufträge für andere im eigenen Namen und für eigene Rechnung erteilt (vgl. auch Rz. 63 Nr. 5).

67

(8) Eine Werbeagentur ist ein Unternehmer, der neben der Tätigkeit eines Werbungsmittlers weitere Leistungen, die der Werbung dienen, ausführt. Bei den weiteren Leistungen handelt es sich insbesondere um Werbeberatung, Werbeplanung, Werbegestaltung, Beschaffung von Werbemitteln und Überwachung der Werbemittelherstellung (vgl. hierzu Rz. 63 Nr. 1 bis 4).


Beratungs- und Ingenieurleistungen

68

(9) § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG ist z. B. bei folgenden sonstigen Leistungen anzuwenden, wenn sie Hauptleistungen sind: Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung; hierzu gehören auch sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Beantragung oder Vereinnahmung der Steuer im Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG) stehen (vgl. Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU Nr. L 288 S. 1). Nicht unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG fallen Beratungsleistungen, wenn die Beratung nach den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts nur als Nebenleistung, z. B. zu einer Werklieferung, zu beurteilen ist.

69

(10) Bei Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern fallen alle berufstypischen Leistungen unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG. Zur Beratungstätigkeit gehören daher z. B. bei einem Rechtsanwalt die Prozessführung, bei einem Wirtschaftsprüfer

auch die im Rahmen von Abschlussprüfungen erbrachten Leistungen. Keine berufstypische Leistung eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters ist die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger (vgl. BFH-Urteil vom 3. 4. 2008, V R 62/05, BStBl II S. 900).

70

(11) § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG erfasst auch die selbständigen Beratungsleistungen der Notare. Sie erbringen jedoch nur dann selbständige Beratungsleistungen, wenn die Beratungen nicht im Zusammenhang mit einer Beurkundung stehen. Das sind insbesondere die Fälle, in denen sich die Tätigkeit der Notare auf die Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege, insbesondere die Anfertigung von Urkundsentwürfen und die Beratung der Beteiligten beschränkt (vgl. § 24 BNotO und §§ 145 und 147 Abs. 2 KostO).

71

(12) Unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG fallen auch die Beratungsleistungen von Sachverständigen. Hierzu gehören z. B. die Anfertigung von rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gutachten, soweit letztere nicht in engem Zusammenhang mit einem Grundstück (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG und Rz. 30) oder mit beweglichen Gegenständen (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c UStG und Rz. 50) stehen, sowie die Aufstellung von Finanzierungsplänen, die Auswahl von Herstellungsverfahren und die Prüfung ihrer Wirtschaftlichkeit. Leistungen von Handelschemikern sind als Beratungsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG zu beurteilen, wenn sie Auftraggeber neben der chemischen Analyse von Warenproben insbesondere über Kennzeichnungsfragen beraten.

72

(13) Ingenieurleistungen sind alle sonstigen Leistungen, die zum Berufsbild eines Ingenieurs gehören, also nicht nur beratende Tätigkeiten. Es ist nicht erforderlich, dass der leistende Unternehmer Ingenieur ist. Nicht hierzu zählen Ingenieurleistungen in engem Zusammenhang mit einem Grundstück (vgl. Rz. 26 und 31). Die Anpassung von Software an die besonderen Bedürfnisse des Abnehmers gehört zu den sonstigen Leistungen, die von Ingenieuren erbracht werden, oder zu denen, die Ingenieurleistungen ähnlich sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27. 10. 2005, C-41/04, EuGHE I S. 9433).

73

(14) Zu den unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG fallenden sonstigen Leistungen der Übersetzer gehören auch die Übersetzungen von Texten (vgl. Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU Nr. L 288 S. 1), soweit es sich nicht um urheberrechtlich geschützte Übersetzungen handelt (vgl. auch Abschnitt 168 Abs. 12 UStR).


Datenverarbeitung

74

(15) Unter Datenverarbeitung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 UStG ist die manuelle, mechanische oder elektronische Speicherung, Umwandlung, Verknüpfung und Verarbeitung von Daten zu verstehen. Hierzu gehören insbesondere die Automatisierung von gleichförmig

wiederholbaren Abläufen, die Sammlung, Aufbereitung, Organisation, Speicherung und Wiedergewinnung von Informationsmengen sowie die Verknüpfung von Datenmengen oder Datenstrukturen mit der Verarbeitung dieser Informationen auf Grund computerorientierter Verfahren. Die Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen (Software) ist keine Datenverarbeitung im Sinne von § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 UStG (vgl. aber Rz. 89 bis 94).


Überlassung von Informationen

75

(16) § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 UStG behandelt die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen, soweit diese sonstigen Leistungen nicht bereits unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, 3 und 4 UStG fallen. Gewerbliche Verfahren und Erfahrungen können im Rahmen der laufenden Produktion oder der laufenden Handelsgeschäfte gesammelt werden und daher bei einer Auftragserteilung bereits vorliegen, z. B. Überlassung von Betriebsvorschriften, Unterrichtung über Fabrikationsverbesserungen, Unterweisung von Arbeitern des Auftraggebers im Betrieb des Unternehmers. Gewerbliche Verfahren und Erfahrungen können auch auf Grund besonderer Auftragsforschung gewonnen werden, z. B. Analysen für chemische Produkte, Methoden der Stahlgewinnung, Formeln für die Automation. Es ist ohne Belang, in welcher Weise die Verfahren und Erfahrungen übermittelt werden, z. B. durch Vortrag, Zeichnungen, Gutachten oder durch Übergabe von Mustern und Prototypen. Unter die Vorschrift fällt die Überlassung aller Erkenntnisse, die ihrer Art nach geeignet sind, technisch oder wirtschaftlich verwendet zu werden. Dies gilt z. B. auch für die Überlassung von Know-how und von Ergebnissen einer Meinungsumfrage auf dem Gebiet der Marktforschung (vgl. BFH-Urteil vom 22. 11. 1973, V R 164/72, BStBl 1974 II S. 259) sowie für die Überlassung von Informationen durch Journalisten oder Pressedienste, soweit es sich nicht um die Überlassung urheberrechtlich geschützter Rechte handelt (vgl. Abschnitt 168 Abs. 9 bis 11 UStR). Bei den sonstigen Leistungen der Detektive handelt es sich um Überlassungen von Informationen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 UStG. Dagegen stellt die Unterrichtung des Erben über den Erbfall durch einen Erbenermittler keine Überlassung von Informationen dar (vgl. BFH-Urteil vom 3. 4. 2008, V R 62/05, BStBl II S. 900).


Finanzumsätze

76

(17) Wegen der sonstigen Leistungen, die in § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h und Nr. 10 UStG bezeichnet sind, vgl. Abschnitte 57 bis 69 und Abschnitte 73 und 74 UStR. Die Verweisung auf § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h und Nr. 10 UStG in § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 Buchstabe a UStG erfasst auch die dort als nicht steuerfrei bezeichneten Leistungen.


Edelmetallumsätze

77

(18) Zu den sonstigen Leistungen im Geschäft mit Platin nach § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 Buchstabe b UStG gehört auch der börsenmäßige Handel mit Platinmetallen (Palladium, Rhodium, Iridium, Osmium, Ruthenium). Dies gilt jedoch nicht für Geschäfte mit Platinmetallen, bei denen die Versorgungsfunktion der Verarbeitungsunternehmen im Vordergrund steht. Hierbei handelt es sich um Warengeschäfte.


10. Sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG

78

(1) Als sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG sind die Leistungen anzusehen, mit denen die Übertragung, die Ausstrahlung oder der Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien ermöglicht und gewährleistet werden, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, zur Ausstrahlung oder zum Empfang. Der Ort dieser Telekommunikationsleistungen bestimmt sich nach § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG, wenn der Leistungsempfänger weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) ist und er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet hat (vgl. hierzu Rz. 56 Nr. 1). Für den per Telekommunikation übertragenen Inhalt bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung grundsätzlich nach der Art der Leistung (vgl. auch Rz. 81). Hierbei ist der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zu beachten (vgl. hierzu Abschnitt 29 UStR).

79

(2) Zu den sonstigen Leistungen im Sinne der Rz. 78 gehören insbesondere:

1. Die Übertragung von Signalen, Schrift, Bild, Ton, Sprache oder Informationen jeglicher Art

a) via Festnetz,

b) via Mobilfunk,

c) via Satellitenkommunikation,

d) via Internet.

Hierzu gehören auch Videoübertragungen und Schaltungen von Videokonferenzen;

2. die Bereitstellung von Leitungskapazitäten oder Frequenzen im Zusammenhang mit der Einräumung von Übertragungskapazitäten

a) im Festnetz,

b) im Mobilfunknetz,

c) in der Satellitenkommunikation,

d) im Rundfunk- und Fernsehnetz,

e) beim Kabelfernsehen.

Dazu gehören auch Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Einräumung von Übertragungskapazitäten zur Sicherung der Betriebsbereitschaft durch Fernüberwachung oder Vor-Ort-Service;

3. die Verschaffung von Zugangsberechtigungen zu

a) den Festnetzen,

b) den Mobilfunknetzen,

c) der Satellitenkommunikation,

d) dem Internet,

e) dem Kabelfernsehen.

Hierzu gehört auch die Überlassung von sog. „Calling-Cards“, bei denen die Telefongespräche, unabhängig von welchem Apparat sie geführt werden, über die Telefonrechnung für den Anschluss im Heimatland abgerechnet werden;

4. die Vermietung und das zur Verfügung stellen von Telekommunikationsanlagen im Zusammenhang mit der Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten der verschiedenen Übertragungskapazitäten. Dagegen handelt es sich bei der Vermietung von Telekommunikationsanlagen ohne Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten von Übertragungskapazitäten um die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 10 UStG;

5. die Einrichtung von „voice-mail-box-Systemen“.

80

(3) Von den Telekommunikationsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG sind u. a. die über globale Informationsnetze (z. B. Online-Dienste, Internet) entgeltlich angebotenen Inhalte der übertragenen Leistungen zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um gesondert zu beurteilende selbständige Leistungen, deren Art für die umsatzsteuerrecht-liche Beurteilung maßgebend ist.

81

(4) Nicht zu den Telekommunikationsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG gehören insbesondere:

1. Angebote im Bereich Onlinebanking, Datenaustausch;

2. Angebote zur Information (Datendienste, z. B. Verkehrs-, Wetter-, Umwelt- und Börsendaten, Verbreitung von Informationen über Waren und Dienstleistungsangebote);

3. Angebote zur Nutzung des Internets oder weiterer Netze (z. B. Navigationshilfen);

4. Angebote zur Nutzung von Onlinespielen;

5. Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit.

Der Inhalt dieser Leistungen kann z. B. in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von bestimmten Rechten (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG), in der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 UStG), in der rechtlichen, wirtschaftlichen und

technischen Beratung (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG), in der Datenverarbeitung (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 UStG), in der Überlassung von Informationen (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 UStG) oder in einer auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG) bestehen.

82

(5) Die Anbieter globaler Informationsnetze (sog. Online-Anbieter) erbringen häufig ein Bündel sonstiger Leistungen an ihre Abnehmer. Zu den sonstigen Leistungen der Online-Anbieter auf dem Gebiet der Telekommunikation im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG gehören insbesondere:

1. Die Einräumung des Zugangs zum Internet;

2. die Ermöglichung des Bewegens im Internet;

3. die Übertragung elektronischer Post (E-Mail) einschließlich der Zeit, die der Anwender zur Abfassung und Entgegennahme dieser Nachrichten benötigt, sowie die Einrichtung einer Mailbox.

80

(6) Die Leistungen der Online-Anbieter sind wie folgt zu beurteilen:

1. Grundsätzlich ist jede einzelne sonstige Leistung gesondert zu beurteilen.

2. Besteht die vom Online-Anbieter als sog. „Zugangs-Anbieter“ erbrachte sonstige Leistung allerdings vornehmlich darin, dem Abnehmer den Zugang zum Internet oder das Bewegen im Internet zu ermöglichen (Telekommunikationsleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG), handelt es sich bei daneben erbrachten sonstigen Leistungen zwar nicht um Telekommunikationsleistungen. Sie sind jedoch Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen.

Beispiel:

Der Zugangs-Anbieter Z ermöglicht dem Abnehmer A entgeltlich den Zugang zum Internet, ohne eigene Dienste anzubieten. Es wird lediglich eine Anwenderunterstützung (Navigationshilfe) zum Bewegen im Internet angeboten.

Die Leistung des Z ist insgesamt eine Telekommunikationsleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG.

3. Erbringt der Online-Anbieter dagegen als Zugangs- und sog. Inhalts-Anbieter („Misch-Anbieter“) neben den Telekommunikationsleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG weitere sonstige Leistungen, die nicht als Nebenleistungen zu den Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation anzusehen sind, handelt es sich insoweit um selbständige Hauptleistungen, die gesondert zu beurteilen sind.

Beispiel:

Der Misch-Anbieter M bietet die entgeltliche Nutzung eines Online-Dienstes an. Der Anwender B hat die Möglichkeit, neben dem Online-Dienst auch die Zugangsmöglichkeit für das Internet zu nutzen. Neben der Zugangsberechtigung zum Internet werden Leistungen im Bereich des Datenaustausches angeboten.

Bei den Leistungen des M handelt es sich um selbständige Hauptleistungen, die gesondert zu beurteilen sind.

84

(7) Wird vom Misch-Anbieter für die selbständigen Leistungen jeweils ein gesondertes Entgelt erhoben, ist es den jeweiligen Leistungen zuzuordnen. Wird ein einheitliches Entgelt entrichtet, ist es grundsätzlich auf die jeweils damit vergüteten Leistungen aufzuteilen. Eine Aufteilung des Gesamtentgelts ist allerdings nicht erforderlich, wenn die sonstigen Leistungen – vorbehaltlich der Regelung nach § 3a Abs. 3 UStG – insgesamt am Sitz des Leistungsempfängers (§ 3a Abs. 2 oder Abs. 4 Satz 1 UStG) oder am Sitz des leistenden Unternehmers ausgeführt werden (§ 3a Abs. 1 UStG). Eine Aufteilung kann allerdings erforderlich sein, wenn die erbrachten Leistungen ganz oder teilweise dem ermäßigten Steuersatz unterliegen oder steuerfrei sind.

Beispiel 1:

Der Privatmann C mit Sitz in Los Angeles zahlt an den Misch-Anbieter M mit Sitz in München ein monatliches Gesamtentgelt. C nutzt zum einen den Zugang zum Internet und zum anderen die von M im Online-Dienst angebotene Leistung, sich über Waren und Dienstleistungsangebote zu informieren. Sämtliche Leistungen unterliegen dem allgemeinen Steuersatz.

Die Nutzung des Zugangs zum Internet ist eine Telekommunikationsleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG. Dagegen ist die Information über Waren und Dienstleistungsangebote eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG. Eine Aufteilung des Gesamtentgelts ist nicht erforderlich, da die sonstigen Leistungen insgesamt in Los Angeles erbracht werden (§ 3a Abs. 4 Satz 1 UStG).

Beispiel 2:

Der Privatmann F mit Wohnsitz in Paris zahlt an den Misch-Anbieter M mit Sitz in Hamburg ein monatliches Gesamtentgelt. F nutzt zum einen den Zugang zum Internet und zum anderen die von M im Online-Dienst angebotene Leistung, sich über Börsendaten zu informieren.

Die Nutzung des Zugangs zum Internet ist eine Telekommunikationsleistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG. Dagegen ist die Information über Börsendaten eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG. Eine Aufteilung des Gesamtentgelts ist nicht erforderlich. Die sonstigen Leistungen werden insgesamt am Sitz des Misch-Anbieters M in Hamburg ausgeführt (§ 3a Abs. 1 UStG).

85

(8) Ist ein einheitlich entrichtetes Gesamtentgelt aufzuteilen, kann die Aufteilung im Schätzungswege vorgenommen werden. Das Aufteilungsverhältnis der Telekommunikations-leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG und der übrigen sonstigen Leistungen bestimmt sich nach den Nutzungszeiten für die Inanspruchnahme der einzelnen sonstigen Leistungen durch die Anwender. Das Finanzamt kann gestatten, dass ein anderer Aufteilungsmaßstab verwendet wird, wenn dieser Aufteilungsmaßstab nicht zu einem unzutreffenden Ergebnis führt.

Beispiel:

Der Misch-Anbieter M führt in den Voranmeldungszeiträumen Januar bis März sowohl Telekommunikationsleistungen als auch andere sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG aus, für die er ein einheitliches Gesamtentgelt vereinnahmt hat.

Das Gesamtentgelt kann entsprechend dem Verhältnis der jeweils genutzten Einzelleistungen zur gesamten Anwendernutzzeit aufgeteilt werden.


11. Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 12 UStG

86

(1) Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sind Rundfunk- und Fernsehprogramme, die über Kabel, Antenne oder Satellit verbreitet werden. Dies gilt auch dann, wenn die Verbreitung gleichzeitig über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erfolgt. Der Ort dieser Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen bestimmt sich nach § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG, wenn der Leistungsempfänger weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) ist und er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet hat (vgl. hierzu Rz. 59 Nr. 1).

87

(2) Ein Rundfunk- und Fernsehprogramm, das nur über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz verbreitet wird, gilt dagegen als auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG). Die Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung ist ebenfalls eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung. Hierunter fällt der Web-Rundfunk, der ausschließlich über das Internet oder ähnliche elektronische Netze und nicht gleichzeitig über Kabel, Antenne oder Satellit verbreitet wird.

88

(3) Zum Leistungsort bei sonstigen Leistungen inländischer und ausländischer Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander vgl. Rz. 19.


12. Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG

Anwendungsbereich

89

(1) Eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG ist eine Leistung, die über das Internet oder ein elektronisches Netz, einschließlich Netze zur Übermittlung digitaler Inhalte, erbracht wird und deren Erbringung auf Grund der Merkmale der sonstigen Leistung in hohem Maße auf Informationstechnologie angewiesen ist; d.h. die Leistung ist im Wesentlichen automatisiert, wird nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht und wäre ohne Informationstechnologie nicht möglich (vgl. Artikel 11 und 12 sowie Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU Nr. L 288 S. 1). Der Ort der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen bestimmt sich nach § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG, wenn der Leistungsempfänger weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) ist und er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet hat (vgl. hierzu Rz. 59 Nr. 1); hat der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet und wird die Leistung von einem Unternehmer erbracht, der im Drittlandsgebiet ansässig ist oder die Leistung tatsächlich von einer im Drittlandsgebiet ansässigen Betriebsstätte erbringt, bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 5 UStG.

90

(2) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen umfassen im Wesentlichen:

1. Digitale Produkte, wie z. B. Software und zugehörige Änderungen oder Updates;

2. Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken vermitteln oder unterstützen (z. B. Website, Webpage);

3. von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateneingabe des Leistungsempfängers;

4. sonstige automatisierte Dienstleistungen, für deren Erbringung das Internet oder ein elektronisches Netz erforderlich ist (z. B. Dienstleistungen, die von Online-Markt-Anbietern erbracht und die z. B. über Provisionen und andere Entgelte für erfolgreiche Vermittlungen abgerechnet werden).

91

(3) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen sind insbesondere:

1. Bereitstellung von Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen.

Hierzu gehören z. B. die automatisierte Online-Fernwartung von Programmen, die Fernverwaltung von Systemen, das Online-Data-Warehousing (Datenspeicherung und -abruf auf elektronischem Weg), Online-Bereitstellung von Speicherplatz nach Bedarf;

2. Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung.

Hierzu gehört z. B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Software (wie z. B. Beschaffungs- oder Buchhaltungsprogramme, Software zur Virusbekämpfung) und Updates, Bannerblocker (Software zur Unterdrückung der Anzeige von Webbannern), Herunterladen von Treibern (z. B. Software für Schnittstellen zwischen PC und Peripheriegeräten wie z. B. Drucker), automatisierte Online-Installation von Filtern auf Websites und automatisierte Online-Installation von Firewalls;

3. Bereitstellung von Bildern, wie z. B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Desktop-Gestaltungen oder von Fotos, Bildern und Bildschirmschonern;

4. Bereitstellung von Texten und Informationen.

Hierzu gehören z. B. E-Books und andere elektronische Publikationen, Abonnements von Online-Zeitungen und Online-Zeitschriften, Web-Protokolle und Website-Statistiken, Online-Nachrichten, Online-Verkehrsinformationen und Online-Wetterberichte, Online-Informationen, die automatisch anhand spezifischer vom Leistungsempfänger eingegebener Daten etwa aus dem Rechts- und Finanzbereich generiert werden (z. B. regelmäßig aktualisierte Börsendaten), Werbung in elektronischen Netzen und Bereitstellung von Werbeplätzen (z. B. Bannerwerbung auf Websites und Webpages);

5. Bereitstellung von Datenbanken, wie z. B. die Benutzung von Suchmaschinen und Internetverzeichnissen;

6. Bereitstellung von Musik (z. B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Musik auf PC, Mobiltelefone usw. und die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Jingles, Ausschnitten, Klingeltönen und anderen Tönen);

7. Bereitstellung von Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien.

Hierzu gehören z. B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Filmen und die Gewährung des Zugangs zu automatisierten Online-Spielen, die nur über das Internet oder ähnliche elektronische Netze laufen und bei denen die Spieler räumlich voneinander getrennt sind;

8. Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.

Hierzu gehört z. B. der Web-Rundfunk, der ausschließlich über das Internet oder ähnliche elektronische Netze verbreitet und nicht gleichzeitig auf herkömmlichen Weg ausgestrahlt wird;

9. Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.

Hierzu gehört z. B. der automatisierte Unterricht, der auf das Internet oder ähnliche elek-tronische Netze angewiesen ist, auch sog. virtuelle Klassenzimmer. Dazu gehören auch Arbeitsunterlagen, die vom Schüler online bearbeitet und anschließend ohne menschliches Eingreifen automatisch korrigiert werden;

10. Online-Versteigerungen (soweit es sich nicht bereits um Web-Hosting-Leistungen handelt) über automatisierte Datenbanken und mit Dateneingabe durch den

Leistungsempfänger, die kein oder nur wenig menschliches Eingreifen erfordern (z. B. Online-Marktplatz, Online-Einkaufsportal);

11. Internet-Service-Pakete, die mehr als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet ermöglichen und weitere Elemente umfassen (z. B. Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Web-Hosting, Zugang zu Chatlines usw.).

92

(4) Von den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen sind die Leistungen zu unterscheiden, bei denen es sich um Lieferungen oder um andere sonstige Leistungen im Sinne des § 3a UStG handelt.

93

(5) Insbesondere in den folgenden Fällen handelt es sich um Lieferungen, so dass keine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen vorliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen nach elektronischer Bestellung und Auftragsbearbeitung;

2. Lieferungen von CD-ROM, Disketten und ähnlichen körperlichen Datenträgern;

3. Lieferungen von Druckerzeugnissen wie Büchern, Newsletter, Zeitungen und Zeitschriften;

4. Lieferungen von CD, Audiokassetten, Videokassetten und DVD;

5. Lieferungen von Spielen auf CD-ROM.

94

(6) In den folgenden Fällen handelt es sich um andere als auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG, d.h. Dienstleistungen, die zum wesentlichen Teil durch Menschen erbracht werden, wobei das Internet oder ein elektronisches Netz nur als Kommunikationsmittel dient:

1. Data-Warehousing – offline –. Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1 oder 2 UStG;

2. Versteigerungen herkömmlicher Art, bei denen Menschen direkt tätig werden, unabhängig davon, wie die Gebote abgegeben werden – z. B. persönlich, per Internet oder per Telefon –. Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1 oder 2 UStG;

3. Fernunterricht, z. B. per Post (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a UStG);

4. Reparatur von EDV-Ausrüstung. Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 2 oder 3 Nr. 3 Buchstabe c UStG (vgl. Rz. 48 und 49);

5. Zeitungs-, Plakat- und Fernsehwerbung (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 UStG). Der Leistungs-ort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

6. Beratungsleistungen von Rechtsanwälten und Finanzberatern usw. per E-Mail (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

7. Anpassung von Software an die besonderen Bedürfnisse des Abnehmers (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG, vgl. Rz. 69). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

8. Internettelefonie (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

9. Kommunikation, wie z. B. E-Mail (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

10. Telefon-Helpdesks (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

11. Videofonie, d.h. Telefonie mit Video-Komponente (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

12. Zugang zum Internet und World Wide Web (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG;

13. Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz bei gleichzeitiger Übertragung der Sendung auf herkömmlichem Weg (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 12 UStG, vgl. Rz. 86 bis 88). Der Leistungsort richtet sich nach § 3a Abs. 1, 2 oder 4 Satz 1 UStG.


Besteuerungsverfahren

95

(7) Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen (§ 3a Abs. 5 UStG), können sich abweichend von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG unter bestimmten Bedingungen dafür entscheiden, nur in einem EU-Mitgliedstaat erfasst zu werden (§ 18 Abs. 4c UStG). Macht ein Unternehmer von diesem Wahlrecht Gebrauch und entscheidet sich dafür, sich nur in Deutschland erfassen zu lassen, muss er dies dem für dieses Besteuerungsverfahren zuständigen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vor Beginn seiner Tätigkeit in der EU auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument anzeigen.

96

(8) Abweichend von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG hat der Unternehmer in jedem Kalendervierteljahr (= Besteuerungszeitraum) eine Steuererklärung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums elektronisch beim BZSt abzugeben. Hierbei hat er die auf den jeweiligen Mitgliedstaat entfallenden Umsätze zu trennen und dem im betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen. Der Unternehmer hat die Steuer entsprechend § 16 Abs. 1a UStG selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 4c Satz 1 UStG). Die Steuer ist spätestens am 20. Tag nach Ende des Besteuerungszeitraums zu entrichten (§ 18 Abs. 4c Satz 2 UStG).

97

(9) Bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung muss der Unternehmer einheitlich den von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskurs des letzten Tages des Besteuerungszeitraums bzw., falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, den für den nächsten Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums festgelegten

Umrechnungskurs anwenden (§ 16 Abs. 6 Sätze 4 und 5 UStG). Die Anwendung eines monatlichen Durchschnittskurses entsprechend § 16 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 UStG ist ausgeschlossen.

98

(10) Der Unternehmer kann die Ausübung des Wahlrechts widerrufen (§ 18 Abs. 4c Satz 4 UStG). Ein Widerruf ist nur bis zum Beginn eines neuen Kalendervierteljahres (= Besteuerungszeitraum) mit Wirkung ab diesem Zeitraum möglich (§ 18 Abs. 4c Satz 5 UStG). Das allgemeine Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1 bis 4 UStG) und das Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG schließen sich gegenseitig aus.

99

(11) Das BZSt kann den Unternehmer von dem Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG ausschließen, wenn er seinen Verpflichtungen nach § 18 Abs. 4c Sätze 1 bis 3 UStG oder seinen Aufzeichnungspflichten (§ 22 Abs. 1 UStG) in diesem Verfahren wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt.

100

(12) Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Inland als Steuerschuldner nur steuerbare sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer erbringen, die Umsatzbesteuerung aber in einem dem Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG entsprechenden Verfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat durchgeführt wird, sind nach § 18 Abs. 4d UStG von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und der Steuererklärung für das Kalenderjahr im Inland befreit.

101

(13) Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen und von dem Wahlrecht der steuerlichen Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat Gebrauch machen, können Vorsteuerbeträge nur im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens gelten machen (§ 18 Abs. 9 Satz 6 UStG i. V. m. § 59 Satz 1 Nr. 4 und § 61a UStDV). In diesen Fällen sind die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG nicht anzuwenden. Voraussetzung ist, dass die Steuer für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen entrichtet wurde und dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen. Für Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit anderen Umsätzen (z. B. elektronisch erbrachte sonstige Leistungen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer an einen in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer, der Steuerschuldner ist) gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG unverändert.


Aufzeichnungspflichten

102

(14) Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat über die im Rahmen der Regelung nach § 18 Abs. 4c und 4d UStG getätigten Umsätze Aufzeichnungen mit

ausreichenden Angaben zu führen. Diese Aufzeichnungen sind dem BZSt auf Anfrage auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 UStG). Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre (§ 147 Abs. 3 AO).



13. Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder die Verteilung über diese Netze sowie damit unmittelbar zusammenhängende sonstige Leistungen (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 UStG)

103

(1) Bei bestimmten sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder von Elektrizität (§ 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 UStG) richtet sich der Leistungsort bei Leistungen an im Drittlandsgebiet ansässige Nichtunternehmer regelmäßig nach § 3a Abs. 4 Satz 1 UStG. Zu diesen Leistungen gehören die Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen, die Fernleitung, die Übertragung oder die Verteilung über diese Netze sowie andere mit diesen Leistungen unmittelbar zusammenhängende Leistungen in Bezug auf Gas für alle Druckstufen und in Bezug auf Elektrizität für alle Spannungsstufen.

104

(2) Zu den mit der Gewährung des Zugangs zu Erdgas- oder Elektrizitätsnetzen und der Fernleitung, der Übertragung oder der Verteilung über diese Netze unmittelbar zusammenhängenden Umsätzen gehören insbesondere Serviceleistungen wie Überwachung, Netzoptimierung, Notrufbereitschaften.

105

(4) Der Ort der Vermittlung von unter § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 UStG fallenden Leistungen bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 und 3 Nr. 4 UStG (vgl. hierzu Rz. 57 und 58).


14. Ort der sonstigen Leistung bei Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen

106

Bedient sich der Unternehmer bei Ausführung einer sonstigen Leistung eines anderen Unternehmers als Erfüllungsgehilfen, der die sonstige Leistung im eigenen Namen und für eigene Rechnung ausführt, ist der Ort der Leistung für jede dieser Leistungen für sich zu bestimmen.

Beispiel:

Die juristische Person des öffentlichen Rechts P mit Sitz im Inland, der keine USt-IdNr. zugeteilt worden ist, erteilt dem Unternehmer F in Frankreich den Auftrag, ein Gutachten zu erstellen, das P in ihrem Hoheitsbereich auswerten will. F vergibt bestimmte Teilbereiche an den Unternehmer U im Inland und beauftragt ihn, die Ergebnisse seiner Ermittlungen unmittelbar P zur Verfügung zu stellen.

Die Leistung des U wird nach § 3a Abs. 2 UStG dort ausgeführt, wo F sein Unternehmen betreibt; sie ist daher im Inland nicht steuerbar. Der Ort der Leistung des F an P ist nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen; die Leistung ist damit ebenfalls im Inland nicht steuerbar.


15. Sonderfälle des Orts der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 6 und 7 UStG)

a) Nutzung und Auswertung bestimmter sonstiger Leistungen im Inland (§ 3a Abs. 6 UStG)

107

(1) Die Sonderregelung des § 3a Abs. 6 UStG betrifft sonstige Leistungen, die von einem im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer oder von einer dort belegenen Betriebsstätte erbracht und im Inland genutzt oder ausgewertet werden.

108

(2) Die Ortsbestimmung richtet sich nur bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels an Unternehmer und gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7) oder an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) und bei langfristiger Vermietung an Nichtunternehmer nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 UStG.

Beispiel:

Der im Inland ansässige Privatmann P mietet bei einem in der Schweiz ansässigen Autovermieter S einen Personenkraftwagen für ein Jahr und nutzt ihn im Inland.

Der Ort der Leistung bei der langfristigen Vermietung des Beförderungsmittels richtet sich nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. Rz. 5). Da der Personenkraftwagen im Inland genutzt wird, ist die Leistung jedoch nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln. Steuerschuldner ist S (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).

109

(3) § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG gilt nur für Leistungen an im Inland ansässige juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese nicht Unternehmer sind und ihnen keine USt-IdNr. erteilt worden ist. Die Leistungen eines Aufsichtsratmitgliedes werden am Sitz der Gesellschaft genutzt oder ausgewertet. Sonstige Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen (vgl. Rz. 62 bis 67), werden dort genutzt oder ausgewertet, wo die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit wahrgenommen werden soll. Wird eine sonstige Leistung sowohl im Inland als auch im Ausland genutzt oder ausgewertet, ist darauf abzustellen, wo die Leistung überwiegend genutzt oder ausgewertet wird.

Beispiel 1:

Die Stadt M (juristische Person des öffentlichen Rechts ohne USt-IdNr.) im Inland platziert im Wege der Öffentlichkeitsarbeit eine Anzeige für eine Behörden-Service-Nummer über einen in der Schweiz ansässigen Werbungsmittler W in einer deutschen Zeitung.

Die Werbeleistung der deutschen Zeitung an W ist im Inland nicht steuerbar (§ 3a Abs. 2 UStG). Der Ort der Leistung des W an M liegt nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG im Inland. Steuerschuldner für die Leistung des W ist M (§ 13b Abs. 2 Satz 1 UStG).

Beispiel 2:

Die im Inland ansässige Rundfunkanstalt R (juristische Person des öffentlichen Rechts ohne USt-IdNr.) verpflichtet

1. den in Norwegen ansässigen Künstler N für die Aufnahme und Sendung einer künstlerischen Darbietung;

2. den in der Schweiz ansässigen Journalisten S, Nachrichten, Übersetzungen und Interviews auf Tonträgern und in Manuskriptform zu verfassen.

N und S räumen R das Nutzungsrecht am Urheberrecht ein. Die Sendungen werden sowohl in das Inland als auch in das Ausland ausgestrahlt.

Die Leistungen des N und des S sind in § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG bezeichnete sonstige Leistungen. Der Ort dieser Leistungen liegt im Inland, da sie von R hier genutzt werden (§ 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG). Es kommt nicht darauf an, wohin die Sendungen ausgestrahlt werden. Steuerschuldner für die Leistungen des N und des S ist R (§ 13b Abs. 2 Satz 1 UStG).


§ 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG gilt für Leistungen an Nichtunternehmer.

b) Kurzfristige Fahrzeugvermietung zur Nutzung im Drittlandsgebiet (§ 3a Abs. 7 UStG)

110

(1) Die Sonderregelung des § 3a Abs. 7 UStG betrifft ausschließlich die kurzfristige Vermietung eines Schienenfahrzeugs, eines Kraftomnibusses oder eines ausschließlich zur Güterbeförderung bestimmten Straßenfahrzeugs, die an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer oder an eine dort belegene Betriebsstätte eines Unternehmers erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet auch tatsächlich genutzt wird. Wird eine sonstige Leistung sowohl im Inland als auch im Drittlandsgebiet genutzt, ist darauf abzustellen, wo die Leistung überwiegend genutzt wird.

Beispiel:

Der im Inland ansässige Unternehmer U vermietet an einen in der Schweiz ansässigen Vermieter S einen Lkw für drei Wochen. Der Lkw wird von S bei U abgeholt. Der Lkw wird ausschließlich in der Schweiz genutzt.

Der Ort der Leistung bei der kurzfristigen Vermietung des Beförderungsmittels richtet sich grundsätzlich nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG (vgl. Rz. 34 und 35). Da der Lkw aber nicht im Inland, sondern in der Schweiz genutzt wird, ist die Leistung nach § 3a Abs. 7 UStG als in der Schweiz ausgeführt zu behandeln.


II. Ort der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen (§ 3b UStG)

1. Ort einer Personenbeförderung und Ort einer Güterbeförderung, die keine innergemeinschaftliche Güterbeförderung ist (§ 3b Abs. 1 UStG)

111

(1) Die Ortsbestimmung des § 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG (Personenbeförderung) ist bei sonstigen Leistungen sowohl an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Rz. 7) anzuwenden.

112

(2) Der Ort einer Personenbeförderung liegt dort, wo die Beförderung tatsächlich bewirkt wird (§ 3b Abs. 1 Satz 1 UStG). Hieraus folgt für diejenigen Beförderungsfälle, in denen der mit der Beförderung beauftragte Unternehmer (Hauptunternehmer) die Beförderung durch einen anderen Unternehmer (Subunternehmer) ausführen lässt, dass sowohl die Beförderungsleistung des Hauptunternehmers als auch diejenige des Subunternehmers dort ausgeführt werden, wo der Subunternehmer die Beförderung bewirkt. Die Sonderregelung über die Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 Abs. 1 UStG) bleibt unberührt.

Beispiel:

Der Reiseveranstalter A veranstaltet im eigenen Namen und für eigene Rechnung einen Tagesausflug. Er befördert die teilnehmenden Reisenden (Nichtunternehmer) jedoch nicht selbst, sondern bedient sich zur Ausführung der Beförderung des Omnibusunternehmers B. Dieser bewirkt an A eine Beförderungsleistung, indem er die Beförderung im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung durchführt.

Der Ort der Beförderungsleistung des B liegt dort, wo dieser die Beförderung bewirkt. Für A stellt die Beförderungsleistung des B eine Reisevorleistung dar. A führt deshalb umsatzsteuerrechtlich keine Beförderungsleistung, sondern eine sonstige Leistung im Sinne des § 25 Abs. 1 UStG aus. Diese sonstige Leistung wird dort ausgeführt, von wo aus A sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG).

113

(3) Die Ortsbestimmung des § 3b Abs. 1 Satz 3 UStG (Güterbeförderung) ist nur bei Güterbeförderungen, die keine innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen im Sinne des § 3b Abs. 3 UStG sind, an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) anzuwenden. Der Leistungsort liegt danach dort, wo die Beförderung tatsächlich bewirkt wird. Der Ort einer Güterbeförderung, die keine innergemeinschaftliche Güterbeförderung ist, an einen Unternehmer oder eine gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) richtet sich nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. hierzu Rz. 7 bis 23).


Grenzüberschreitende Beförderungen

114 (4) Grenzüberschreitende Beförderungen (Personen- und Güterbeförderungen) – mit Ausnahme der innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen im Sinne des § 3b Abs. 3 UStG – sind in einen steuerbaren und einen nicht steuerbaren Leistungsteil aufzuteilen (§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Aufteilung unterbleibt jedoch bei grenzüberschreitenden Beförderungen mit kurzen in- oder ausländischen Beförderungsstrecken, wenn diese Beförderungen entweder insgesamt als steuerbar oder insgesamt als nicht steuerbar zu behandeln sind (siehe auch Rz. 114 bis 124). Wegen der Auswirkung der Sonderregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG auf Beförderungen – in der Regel i. V. m. §§ 4, 6 oder 7 UStDV – wird auf die Rz. 121 und 123 bis 127 verwiesen.

115

(5) Bei einer Beförderungsleistung, bei der nur ein Teil der Leistung steuerbar ist und bei der die Umsatzsteuer für diesen Teil auch erhoben wird, ist Bemessungsgrundlage das Entgelt, das auf diesen Teil entfällt. Bei Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind und die bei der Ein- oder Ausreise eine Grenze zu einem Drittland überqueren, ist ein Durchschnittsbeförderungsentgelt für den Streckenanteil im Inland maßgebend (vgl. Abschnitte 159 und 221 UStR). In allen übrigen Fällen ist das auf den steuerbaren Leistungsteil entfallende tatsächlich vereinbarte oder vereinnahmte Entgelt zu ermitteln (vgl. hierzu Rz. 116). Das Finanzamt kann jedoch Unternehmer, die nach § 4 Nr. 3 UStG steuerfreie Umsätze bewirken, von der Verpflichtung befreien, die Entgelte für die vorbezeichneten steuerfreien Umsätze und die Entgelte für nicht steuerbare Beförderungen getrennt aufzuzeichnen (vgl. Abschnitt 259 Abs. 18 und 19 UStR).

116

(6) Wird bei einer Beförderungsleistung, die sich nicht nur auf das Inland erstreckt und bei der kein Durchschnittsbeförderungsentgelt maßgebend ist, ein Gesamtpreis vereinbart oder vereinnahmt, ist der auf den inländischen Streckenanteil entfallende Entgeltsanteil anhand dieses Gesamtpreises zu ermitteln. Hierzu gilt Folgendes:

1. Grundsätzlich ist vom vereinbarten oder vereinnahmten Nettobeförderungspreis auszugehen. Zum Nettobeförderungspreis gehören nicht die Umsatzsteuer für die Beförderungsleistung im Inland und die für den nicht steuerbaren Leistungsanteil in anderen Staaten zu zahlende Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer. Sofern nicht besondere Umstände (wie z. B. tarifliche Vereinbarungen im internationalen Eisenbahnverkehr) eine andere Aufteilung rechtfertigen, ist der Nettobeförderungspreis für jede einzelne Beförderungsleistung im Verhältnis der Längen der inländischen und ausländischen Streckenanteile – einschließlich so genannter Leerkilometer – aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 12. 3. 1998, V R 17/93, BStBl II S. 523). Unter Leerkilometer sind dabei nur die während der Beförderungsleistung ohne zu befördernde Personen zurückgelegten Streckenanteile zu verstehen. Die Hin- bzw. Rückfahrt vom bzw. zum Betriebshof – ohne zu befördernde Personen – ist nicht Teil der Beförderungsleistung und damit auch nichtbei der Aufteilung der Streckenanteile zu berücksichtigen. Das auf den inländischen Streckenanteil entfallende Entgelt kann nach folgender Formel ermittelt werden:

Nettobeförderungspreis für die Gesamtstrecke

×

Anzahl der km des inländischen Streckenanteils

Anzahl der km der Gesamtstrecke

Entgelt für den inländischen Streckenanteil =

2. Bei Personenbeförderungen ist es nicht zu beanstanden, wenn zur Ermittlung des auf den inländischen Streckenanteil entfallenden Entgelts nicht vom Nettobeförderungspreis ausgegangen wird, sondern von dem für die Gesamtstrecke vereinbarten oder vereinnahmten Bruttobeförderungspreis, z. B. Gesamtpreis einschließlich der im Inland und im Ausland erhobenen Umsatzsteuer oder ähnlichen Steuer. Für die Entgeltsermittlung kann in diesem Falle die folgende geänderte Berechnungsformel dienen:

Bruttobeförderungspreisfür die Gesamtstrecke

×

Anzahl der km des inländischen Streckenanteils

Anzahl der km der Gesamtstrecke

Bruttoentgelt (Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer) für den inländischen Streckenanteil =

Innerhalb eines Besteuerungszeitraums muss bei allen Beförderungen einer Verkehrsart, z. B. bei Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen, nach ein und derselben Methode verfahren werden.


Verbindungsstrecken im Inland

117

(7) Zu den Verbindungsstrecken im Inland nach § 2 UStDV gehören insbesondere diejenigen Verbindungsstrecken von nicht mehr als 30 km Länge, für die in den folgenden Abkommen und Verträgen Erleichterungen für den Durchgangsverkehr vereinbart worden sind:

1. Deutsch-Schweizerisches Abkommen vom 5. 2. 1958, Anlage III (BGBl. 1960 II S. 2162), geändert durch Vereinbarung vom 15. 5. 1981 (BGBl. II S. 211);

2. Deutsch-Österreichisches Abkommen vom 14. 9. 1955, Artikel 1 Abs. 1 (BGBl. 1957 II S. 586);

3. Deutsch-Österreichisches Abkommen vom 14. 9. 1955, Artikel 1 (BGBl. 1957 II S. 589);

4. Deutsch-Österreichischer Vertrag vom 6. 9. 1962, Anlage II (BGBl. 1963 II S. 1280), zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 3. 12. 1981 (BGBl. 1982 II S. 28);

5. Deutsch-Österreichischer Vertrag vom 17. 2. 1966, Artikel 1 und 14 (BGBl. 1967 II S. 2092);

6. Deutsch-Niederländischer Vertrag vom 8. 4. 1960, Artikel 33 (BGBl. 1963 II S. 463).

Bei diesen Strecken ist eine Prüfung, ob sie den nächsten oder verkehrstechnisch günstigsten Weg darstellen, nicht erforderlich. Bei anderen Verbindungsstrecken muss diese Voraussetzung im Einzelfall geprüft werden.

118

(8) § 2 UStDV umfasst die grenzüberschreitenden Personen- und Güterbeförderungen, die von im Inland oder im Ausland ansässigen Unternehmern bewirkt werden, mit Ausnahme der Personenbeförderungen im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen. Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen hat § 7 Abs. 2, 3 und 5 UStDV Vorrang (vgl. Rz. 125 bis 127).


Verbindungsstrecken im Ausland

119

(9) Zu den Verbindungsstrecken im Ausland nach § 3 UStDV gehören insbesondere diejenigen Verbindungsstrecken von nicht mehr als 10 km Länge, die in den in Rz. 117 und in den nachfolgend aufgeführten Abkommen und Verträgen enthalten sind:

1. Deutsch-Österreichischer Vertrag vom 17. 2. 1966, Artikel 1 (BGBl. 1967 II S. 2086);

2. Deutsch-Belgischer Vertrag vom 24. 9. 1956, Artikel 12 (BGBl. 1958 II S. 263).

120

(10) Der Anwendungsbereich des § 3 UStDV umfasst die grenzüberschreitenden Personen- und Güterbeförderungen, die von im Inland oder im Ausland ansässigen Unternehmern durchgeführt werden, mit Ausnahme der Personenbeförderungen im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen. Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen hat § 7 Abs. 2, 3 und 5 UStDV Vorrang (vgl. Rz. 125 bis 127).


Anschlussstrecken im Schienenbahnverkehr

121

(11) Im Eisenbahnverkehr enden die Beförderungsstrecken der nationalen Eisenbahnverwaltungen in der Regel an der Grenze des jeweiligen Hoheitsgebiets. In Ausnahmefällen betreiben jedoch die Eisenbahnverwaltungen kurze Beförderungsstrecken im Nachbarstaat bis zu einem dort befindlichen vertraglich festgelegten Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhof (Anschlussstrecken). Bei Personenbeförderungen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sind die nach § 4 UStDV von inländischen Eisenbahnverwaltungen im Ausland betriebenen Anschlussstrecken als inländische Beförderungsstrecken und die von ausländischen Eisenbahnverwaltungen im Inland betriebenen Anschlussstrecken als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen. Ferner gelten bei Personenbeförderungen Schienenbahnstrecken in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten als inländische Beförderungsstrecken.


Kurze Straßenstrecken im Inland

122

(12) Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit im Inland oder im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen sind inländische Streckenanteile, die in einer Fahrtrichtung nicht länger als 10 km sind, nach § 5 UStDV als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen. Die Regelung gilt jedoch nicht für Personenbeförderungen von und zu den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten (vgl. auch Rz. 123). Der „Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen“ umfasst nach § 46 PBefG den Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG), die Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48 PBefG) und den Verkehr mit Mietomnibussen und Mietwagen (§ 49 PBefG).


Straßenstrecken in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten

123

(13) Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen mit Kraftfahrzeugen, die von im Inland oder im Ausland ansässigen Unternehmern von und zu den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten sowie zwischen diesen Gebieten bewirkt werden, sind die Streckenanteile in diesen Gebieten nach § 6 UStDV als inländische Beförderungsstrecken anzusehen. Damit sind diese Beförderungen insgesamt steuerbar und mangels einer Befreiungsvorschrift auch steuerpflichtig.


Kurze Strecken im grenzüberschreitenden Verkehr mit Wasserfahrzeugen

124

(14) Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen jeglicher Art, die lediglich im Inland und in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ausgeführt werden, sind nach § 7 Abs. 1 UStDV die Streckenanteile in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten als inländische Beförderungsstrecken anzusehen. Hieraus ergibt sich, dass diese Beförderungen insgesamt steuerbar sind. Unter die Regelung fallen insbesondere folgende Sachverhalte:

1. Grenzüberschreitende Beförderungen zwischen Hafengebieten im Inland und Freihäfen.

Beispiel:

Ein Unternehmer befördert mit seinem Schiff Personen zwischen dem Hamburger Freihafen und dem übrigen Hamburger Hafengebiet.

2. Grenzüberschreitende Beförderungen, die zwischen inländischen Häfen durchgeführt werden und bei denen neben dem Inland lediglich die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete durchfahren werden.

Beispiel:

Ein Unternehmer befördert mit seinem Schiff Touristen zwischen den ostfriesischen Inseln und benutzt hierbei den Seeweg nördlich der Inseln. Bei den Fahrten wird jedoch die Hoheitsgrenze, die sich 12 Seemeilen (rd. 22,2 km) von der Strandlinie entfernt befindet, nicht überschritten.

125

(15) Für grenzüberschreitende Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen jeglicher Art, die zwischen inländischen Häfen durchgeführt werden, bei denen jedoch nicht lediglich das Inland und die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, sondern auch das übrige Ausland berührt werden, enthält § 7 Abs. 2 UStDV folgende Sonderregelungen:

1. Ausländische Beförderungsstrecken sind als inländische Beförderungsstrecken anzusehen, wenn die ausländischen Streckenanteile außerhalb der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete jeweils nicht mehr als 10 km betragen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStDV). Die Vorschrift ist im Ergebnis eine Ergänzung des § 7 Abs. 1 UStDV.

Beispiel:

Ein Unternehmer befördert Touristen mit seinem Schiff zwischen den Nordseeinseln und legt dabei nicht mehr als 10 km jenseits der Hoheitsgrenze zurück.

Die Beförderungen im Seegebiet bis zur Hoheitsgrenze sind ohne Rücksicht auf die Länge der Beförderungsstrecke steuerbar. Die Beförderungen im Seegebiet jenseits der Hoheitsgrenze sind ebenfalls steuerbar, weil die Beförderungsstrecke hier nicht länger als 10 km ist.

2. Inländische Streckenanteile sind als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen und Beförderungsleistungen, die auf die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete entfallen, sind nicht wie Umsätze im Inland zu behandeln, wenn bei der einzelnen Beförderung

a) der ausländische Streckenanteil außerhalb der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete länger als 10 km und

b) der Streckenanteil im Inland und in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten nicht länger als 20 km

sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStDV). Die Beförderungen sind deshalb insgesamt nicht steuerbar.

126

(16) Keine Sonderregelung besteht für die Fälle, in denen die ausländischen Streckenanteile außerhalb der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete jeweils länger als 10 km und die Streckenanteile im Inland und in den vorbezeichneten Gebieten jeweils länger als 20 km sind. In diesen Fällen ist deshalb die jeweilige Beförderungsleistung in einen steuerbaren Teil und einen nicht steuerbaren Teil aufzuteilen. Bei der Aufteilung ist zu beachten, dass Beförderungen in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten steuerbar sind, wenn sie für unternehmensfremde Zwecke des Auftraggebers ausgeführt werden oder eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vorliegt.

Beispiel:

Ein Unternehmer befördert mit seinem Schiff Touristen auf die hohe See hinaus. Der Streckenanteil vom Hafen bis zur Hoheitsgrenze hin und zurück beträgt 50 km. Der Streckenanteil jenseits der Hoheitsgrenze beträgt 12,5 km.

Die Beförderung ist zu 80 % steuerbar und zu 20 % nicht steuerbar.

127

(17) Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt nach § 7 Abs. 3 UStDV handelt es sich um folgende Beförderungen:

1. Beförderungen, die zwischen ausländischen Seehäfen durchgeführt werden und durch das Inland oder durch die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete führen.

Beispiel:

Ein Unternehmer befördert Touristen mit seinem Schiff von Stockholm durch den Nord-Ostsee-Kanal nach London. Die Strecke durch den Nord-Ostsee-Kanal ist als ausländischer Streckenanteil anzusehen.

2. Beförderungen, die zwischen einem inländischen Seehafen und einem ausländischen Seehafen durchgeführt werden. Inländische Seehäfen sind nach § 7 Abs. 4 UStDV auch die Freihäfen und die Insel Helgoland.

Beispiel 1:

Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr zwischen Hamburg (Seehafen) oder Bremerhaven (Freihafen) und Harwich (Vereinigtes Königreich).

Beispiel 2:

Beförderungen im Rahmen von Kreuzfahrten, die zwar in ein und demselben inländischen Seehafen beginnen und enden, bei denen aber zwischendurch mindestens ein ausländischer Seehafen angelaufen wird.

Die Regelung des § 7 Abs. 3 UStDV hat zur Folge, dass die Beförderungen insgesamt nicht steuerbar sind. Das gilt auch für die Gewährung von Unterbringung und Verpflegung an die beförderten Personen, soweit Unterbringung und Verpflegung erforderlich sind, um die Personenbeförderung planmäßig durchführen zu können.

128

(18) Bei Beförderungen von Personen mit Schiffen auf dem Rhein zwischen Basel (Rhein-km 170) und Neuburgweier (Rhein-km 353) über insgesamt 183 km ist hinsichtlich der einzelnen Streckenanteile wie folgt zu verfahren:

1. Streckenanteil zwischen der Grenze bei Basel (Rhein-km 170) und Breisach (Rhein-km 227) über insgesamt 57 km:

Die Beförderungen erfolgen hier auf dem in Frankreich gelegenen Rheinseitenkanal. Sie unterliegen deshalb auf diesem Streckenanteil nicht der deutschen Umsatzsteuer.

2. Streckenanteil zwischen Breisach (Rhein-km 227) und Straßburg (Rhein-km 295) über insgesamt 68 km:

a) Hier werden die Beförderungen auf einzelnen Streckenabschnitten (Schleusen und Schleusenkanälen) von zusammen 34 km auf französischem Hoheitsgebiet durchgeführt. Die Beförderungen unterliegen insoweit nicht der deutschen Umsatzsteuer.

b) Auf einzelnen anderen Streckenabschnitten von zusammen 34 km finden die Beförderungen auf dem Rheinstrom statt. Die Hoheitsgrenze zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland wird durch die Achse des Talwegs bestimmt. Bedingt durch den Verlauf der Fahrrinne und mit Rücksicht auf den übrigen Verkehr muss die Schifffahrt häufig die Hoheitsgrenze überfahren. In der Regel wird der Verkehr je zur Hälfte (= 17 km) auf deutschem und französischem Hoheitsgebiet abgewickelt.

3. Streckenanteil zwischen Straßburg (Rhein-km 295) und der Grenze bei Neuburgweier (Rhein-km 353) über insgesamt 58 km:

Die Hoheitsgrenze im Rhein wird auch hier durch die Achse des Talwegs bestimmt. Deshalb ist auch hier davon auszugehen, dass die Beförderungen nur zur Hälfte (= 29 km) im Inland stattfinden.


2. Ort der Leistung, die im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung steht (§ 3b Abs. 2 UStG)

129

(1) Die Ortsregelung des § 3b Abs. 2 UStG ist nur bei Leistungen an Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) anzuwenden. Werden mit der Beförderung eines Gegenstandes in Zusammenhang stehende Leistungen an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) erbracht, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG.

130

(2) Für den Ort einer Leistung, die im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung steht (§ 3b Abs. 2 UStG), gelten die Ausführungen in Rz. 39 sinngemäß. Bei der Anwendung der Ortsregelung kommt es nicht darauf an, ob die Leistung mit einer rein inländischen, einer grenzüberschreitenden oder einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung im Zusammenhang steht.

131

(3) Die Regelung des § 3b Abs. 2 UStG gilt für Umsätze, die selbständige Leistungen sind. Sofern das Beladen, das Entladen, der Umschlag, die Lagerung oder eine andere sonstige Leistung Nebenleistungen zu einer Güterbeförderung darstellen, teilen sie deren umsatzsteuerliches Schicksal.


3. Ort der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung (§ 3b Abs. 3 UStG)

132

(1) § 3b Abs. 3 UStG ist nur anzuwenden, wenn die innergemeinschaftliche Beförderung eines Gegenstands (innergemeinschaftliche Güterbeförderung) an einen Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) erfolgt. In diesen Fällen wird die Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem die Beförderung des Gegenstands beginnt (Abgangsort). Wird eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (siehe Rz. 7) ausgeführt, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. hierzu Rz. 7 bis 23).

133

(2) Eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung liegt nach § 3b Abs. 3 UStG vor, wenn sie in dem Gebiet von zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten beginnt (Abgangsort) und endet (Ankunftsort). Eine Anfahrt des Beförderungsunternehmers zum Abgangsort ist unmaßgeblich. Entsprechendes gilt für den Ankunftsort. Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung sind für jeden Beförderungsauftrag gesondert zu prüfen; sie müssen sich aus den im Beförderungs- und Speditionsgewerbe üblicherweise verwendeten Unterlagen (z. B. schriftlicher Speditionsauftrag oder Frachtbrief) ergeben. Für die Annahme einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung ist es unerheblich, ob die Beförderungsstrecke ausschließlich über Gemeinschaftsgebiet oder auch über Drittlandsgebiet führt (vgl. Rz 135 Beispiel 2).

134

(3) Die deutschen Freihäfen gehören gemeinschaftsrechtlich zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 5 MwStSystRL). Deshalb ist eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung auch dann gegeben, wenn die Beförderung in einem deutschen Freihafen beginnt und in einem anderen EU-Mitgliedstaat endet oder umgekehrt.

135

(4) Beispielsfälle für innergemeinschaftliche Güterbeförderungen:

Beispiel 1:

Die Privatperson P aus Deutschland beauftragt den deutschen Frachtführer F, Güter von Spanien nach Deutschland zu befördern.

Bei der Beförderungsleistung des F handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung, weil der Transport in einem EU-Mitgliedstaat beginnt und in einem anderen EU-Mitgliedstaat endet. Der Ort dieser Beförderungsleistung liegt in Spanien, da die Beförderung der Güter in Spanien beginnt

(§ 3b Abs. 3 UStG). F ist Steuerschuldner in Spanien (Artikel 193 MwStSystRL, vgl. auch Rz. 142). Die Abrechnung richtet sich nach den Regelungen des spanischen Umsatzsteuerrechts.

Beispiel 2:

Die Privatperson P aus Italien beauftragt den in der Schweiz ansässigen Frachtführer F, Güter von Deutschland über die Schweiz nach Italien zu befördern.

Bei der Beförderungsleistung des F handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung, weil der Transport in zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten beginnt und endet. Der Ort dieser Leistung bestimmt sich nach dem inländischen Abgangsort (§ 3b Abs. 3 UStG). Die Leistung ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Teil der Beförderungsstrecke auf das Drittland Schweiz entfällt (vgl. Rz. 133 Satz 5). Der leistende Unternehmer F ist Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) und hat den Umsatz im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens (§ 18 Abs. 1 bis 4 UStG) zu versteuern (vgl. hierzu Rz. 141).

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(5) Eine gebrochene innergemeinschaftliche Güterbeförderung liegt vor, wenn einem Beförderungsunternehmer für eine Güterbeförderung über die gesamte Beförderungsstrecke ein Auftrag erteilt wird, jedoch bei der Durchführung der Beförderung mehrere Beförderungsunternehmer nacheinander mitwirken. Liegen Beginn und Ende der gesamten Beförderung in den Gebieten verschiedener EU-Mitgliedstaaten, ist hinsichtlich der Beförderungsleistung des Beförderungsunternehmers an den Auftraggeber eine gebrochene innergemeinschaftliche Güterbeförderung nach § 3b Abs. 3 UStG gegeben, wenn der Auftraggeber ein Nichtunternehmer (siehe Rz. 1) ist. Die Beförderungsleistungen der vom Auftragnehmer eingeschalteten weiteren Beförderungsunternehmer sind für sich zu beurteilen. Da es sich insoweit jeweils um Leistungen an einen anderen Unternehmer für dessen unternehmerischen Bereich handelt, richtet sich der Leistungsort für diese Beförderungsleistungen nicht nach § 3b Abs. 1 Sätze 1 bis 3 oder Abs. 3 UStG, sondern nach § 3a Abs. 2 UStG (vgl. Rz. 7 bis 23).

Beispiel 1:

Die in Deutschland ansässige Privatperson P beauftragt den in Frankreich ansässigen Frachtführer S, Güter von Paris nach Rostock zu befördern. S befördert die Güter von Paris nach Aachen und beauftragt für die Strecke von Aachen nach Rostock den in Köln ansässigen Unterfrachtführer F mit der Beförderung. Dabei teilt S im Frachtbrief an F den Abgangsort und den Bestimmungsort der Gesamtbeförderung mit. S verwendet gegenüber F seine französische USt-IdNr.

Die Beförderungsleistung des S an seinen Auftraggeber P umfasst die Gesamtbeförderung von Paris nach Rostock. Die Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar, da der Abgangsort in Frankreich liegt (§ 3b Abs. 3 UStG).

Die Beförderungsleistung des F von Aachen nach Rostock an seinen Auftraggeber S ist keine innergemeinschaftliche Güterbeförderung, sondern eine inländische Güterbeförderung. Da aber S Unternehmer ist und den Umsatz zur Ausführung von Umsätzen, also für den unternehmerischen

Bereich verwendet (vgl. Rz. 15), ist der Leistungsort in Frankreich (§ 3a Abs. 2 UStG). Steuerschuldner der französischen Umsatzsteuer ist der Leistungsempfänger S, da der leistende Unternehmer F nicht in Frankreich ansässig ist (vgl. Artikel 196 MwStSystRL). In der Rechnung an S darf keine französische Umsatzsteuer enthalten sein.

Beispiel 2:

Die deutsche Privatperson P beauftragt den in Deutschland ansässigen Frachtführer S, Güter von Amsterdam nach Dresden zu befördern. S beauftragt den in den Niederlanden ansässigen Unterfrachtführer F, die Güter von Amsterdam nach Venlo zu bringen. Dort übernimmt S die Güter und befördert sie weiter nach Dresden. Dabei teilt S im Frachtbrief an F den Abgangsort und den Bestimmungsort der Gesamtbeförderung mit. S verwendet gegenüber F seine deutsche USt-IdNr.

Die Beförderungsleistung des S an seinen Auftraggeber P umfasst die Gesamtbeförderung von Amsterdam nach Dresden und ist eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung. Die Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar, der Leistungsort ist am Abgangsort in den Niederlanden (§ 3b Abs. 3 UStG). Steuerschuldner in den Niederlanden ist der leistende Unternehmer S (vgl. Artikel 193 MwStSystRL). S muss in der Rechnung an P die niederländische Umsatzsteuer gesondert ausweisen.

Die Beförderungsleistung des F an seinen Auftraggeber S von Amsterdam nach Venlo ist keine innergemeinschaftliche Güterbeförderung, sondern eine inländische Güterbeförderung in den Niederlanden. Da S Unternehmer ist und den Umsatz zur Ausführung von Umsätzen, also für den unternehmerischen Bereich verwendet, ist der Leistungsort in Deutschland (§ 3a Abs. 2 UStG). Steuerschuldner in Deutschland ist der Leistungsempfänger S (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 UStG). F darf in der Rechnung an S die deutsche Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen.

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(6) Wird bei Vertragsabschluss einer gebrochenen innergemeinschaftlichen Güterbeförderung eine „unfreie Versendung“ bzw. „Nachnahme der Fracht beim Empfänger“ vereinbart, trägt der Empfänger der Frachtsendung die gesamten Beförderungskosten. Dabei erhält jeder nachfolgende Beförderungsunternehmer die Rechnung des vorhergehenden Beförderungsunternehmers über die Kosten der bisherigen Teilbeförderung. Der letzte Beförderungsunternehmer rechnet beim Empfänger der Ware über die Gesamtbeförderung ab. In diesen Fällen ist aus Vereinfachungsgründen jeder Rechnungsempfänger als Leistungsempfänger im Sinne des § 3b Abs. 3 bzw. des § 3a Abs. 2 UStG anzusehen.

Beispiel:

Die deutsche Privatperson P beauftragt den deutschen Frachtführer S, Güter von Potsdam nach Bordeaux zu befördern. Die Beförderungskosten sollen dem Empfänger (Privatperson) A in Bordeaux in Rechnung gestellt werden (Frachtnachnahme). S befördert die Güter zu seinem Unterfrachtführer F in Paris und stellt diesem seine Kosten für die Beförderung bis Paris in Rechnung. F befördert die Güter nach Bordeaux und berechnet dem Empfänger A die Kosten der Gesamtbeförderung. Bei Auftragserteilung wird angegeben, dass F gegenüber S seine französische USt-IdNr. verwendet.

Als Leistungsempfänger des S ist F anzusehen, da S gegenüber F abrechnet und F die Frachtkosten des S als eigene Schuld übernommen hat. Als Leistungsempfänger von F ist A anzusehen, da F gegenüber A abrechnet.

Die Beförderungsleistung des S an F umfasst die Beförderung von Potsdam nach Paris. Die Leistung ist in Frankreich steuerbar, da der Leistungsempfänger F Unternehmer ist und den Umsatz zur Ausführung von Umsätzen, also für den unternehmerischen Bereich verwendet (§ 3a Abs. 2 UStG). Steuerschuldner der französischen Umsatzsteuer ist der Leistungsempfänger F, da der leistende Unternehmer S nicht in Frankreich ansässig ist (vgl. Artikel 196 MwStSystRL, vgl. auch Rz. 143). In der Rechnung an F darf keine französische Umsatzsteuer enthalten sein (vgl. hierzu Rz. 144); auf die Steuerschuldnerschaft des F ist in der Rechnung hinzuweisen.

Da F gegenüber A die gesamte Beförderung abrechnet, ist F so zu behandeln, als ob er die Gesamtbeförderung von Potsdam nach Bordeaux erbracht hätte. Die Leistung ist als innergemeinschaftliche Güterbeförderung in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig (§ 3b Abs. 3 UStG). Steuerschuldner der deutschen Umsatzsteuer ist der leistende Unternehmer F (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG; vgl. auch Rz. 141).


III. Ort der Restaurationsleistungen während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn (§ 3e UStG)

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Der Ort der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung) während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn ist grundsätzlich nach § 3e UStG im Inland belegen, wenn die Beförderung im Inland beginnt bzw. der Abgangsort des Beförderungsmittels im Inland belegen ist und die Beförderung im Gemeinschaftsgebiet endet bzw. der Ankunftsort des Beförderungsmittels im Gemeinschaftsgebiet belegen ist. Ausgenommen sind dabei lediglich Restaurationsleistungen während eines Zwischenaufenthalts eines Schiffs im Drittland, bei denen die Reisenden das Schiff, und sei es nur für kurze Zeit, verlassen können, sowie während des Aufenthalts des Schiffs im Hoheitsgebiet dieses Staates. Restaurationsleistungen auf einem Schiff während eines solchen Zwischenaufenthalts und im Verlauf der Beförderung im Hoheitsgebiet dieses Staates, unterliegen der Besteuerungskompetenz des Staates, in dem der Zwischenaufenthalt erfolgt (vgl. EuGH-Urteil vom 15. 9. 2005, C-58/04, BStBl 2007 II S. 150, sowie BFH-Urteil vom 20. 12. 2005, V R 30/02, BStBl 2007 II S. 139). Sind die Voraussetzungen des § 3e UStG nicht erfüllt, gilt der Abgangsort des Beförderungsmittels nicht als Ort der Restaurationsleistung; dieser bestimmt sich dann vielmehr nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b UStG (vgl. Rz. 47).

IV. Besteuerungsverfahren bei sonstigen Leistungen

L e i s t u n g s o r t i n d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d

139

(1) Bei im Inland erbrachten sonstigen Leistungen ist der leistende Unternehmer der Steuerschuldner, wenn er im Inland ansässig ist. Die Umsätze sind im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG zu versteuern.

140

(2) Ist der leistende Unternehmer im Ausland ansässig, schuldet der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (vgl. hierzu Abschnitt 182a UStR).

141

(3) Ist der Empfänger einer sonstigen Leistung weder ein Unternehmer noch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, hat der leistende ausländische Unternehmer diesen Umsatz im Inland im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG zu versteuern.


L e i s t u n g s o r t i n a n d e r e n E U – M i t g l i e d s t a a t e n

142

(4) Grundsätzlich ist der Unternehmer, der sonstige Leistungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausführt, in diesem EU-Mitgliedstaat Steuerschuldner der Umsatzsteuer (Artikel 193 MwStSystRL).

143

(5) Liegt der Ort einer sonstigen Leistung, bei der sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt, in einem EU-Mitgliedstaat, und ist der leistende Unternehmer dort nicht ansässig, schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er in diesem EU-Mitgliedstaat als Unternehmer für Umsatzsteuerzwecke erfasst ist oder eine nicht steuerpflichtige juristische Person mit USt-IdNr. ist (vgl. Artikel 196 MwStSystRL).

144

(6) Ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, darf in der Rechnung des in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässigen leistenden Unternehmers keine Umsatzsteuer im Rechnungsbetrag gesondert ausgewiesen sein. In der Rechnung ist auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers besonders hinzuweisen.

145

(7) Steuerpflichtige sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, hat der leistende Unternehmer in der Umsatzsteuer-Voranmeldung (Zeile 41) und der Umsatzsteuer-Erklärung für das Kalenderjahr (§ 18b Satz 1 Nr. 2 UStG) und in der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) anzugeben.

V. Anwendungszeitpunkt

146

Dieses Schreiben ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 ausgeführt werden.

147

Die Abschnitte 33 bis 42i UStR 2008 sind auf Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2009 ausgeführt werden, nicht mehr anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Im Auftrag